Berlin/Bochum (ddp-nrw). Im größtenWettskandal der europäischen Fußballgeschichte werden weitere Details des Ausmaßes in Deutschland bekannt. Angeblich haben die Wettbetrüger auch einen Schiedsrichter desDeutschen Fußball-Bundes (DFB) bestochen. Zudem sollen drei Spieler des Drittligisten VfL Osnabrück in die Affäre verstrickt sein. Zwei Tage nach Bekanntwerden des Skandals fordertenExperten verstärkte Anstrengungen gegen Korruption und Betrug im Profifußball.
Der angeblich bestochene Schiedsrichter soll im Mai Schmiergeld von den mutmaßlichen Wettbetrügern kassiert haben, wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtete. Das Geldsei bei einem Spiel der Regionalliga Süd geflossen.
Der Regionalliga-Club SSV Ulm 1846 ist den Angaben zufolge offenbar stärker als bislang bekannt in den Wettskandal verwickelt. Nach Informationen des «Spiegel» stehen vierRegionalligaspiele des baden-württembergischen Traditionsvereins aus der Endphase der vergangenen Saison unter Manipulationsverdacht. SSV-Vizepräsident Mario Meuler sagte: «Wir gehendavon aus, dass niemand mit dieser Sache etwas zu tun hat.» Laut einem Zeitungsbericht haben die Ermittler den Verdacht, dass auch ein Freundschaftsspiel zwischen dem Club und FenerbahceIstanbul am 14. Juli 2009 manipuliert wurde.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bochum haben Wettbetrüger in mehreren europäischen Ländern rund 200 Spiele manipuliert, darunter 32 Partien in Deutschland. Etwa 200 Menschen -darunter Trainer, Spieler und Schiedsrichter – stehen unter Verdacht. In Deutschland wurden 15 Verdächtige festgenommen, darunter ein Spieler des Landesligisten FC Würzburger Kickers.
Im Fokus der Ermittler stehen auch zwei ehemalige und ein aktueller Spieler des Drittligisten VfL Osnabrück. Sie stehen nach Informationen von «Welt Online» unter Verdacht, in denWettskandal verstrickt zu sein. Bei einem der Verdächtigen gab es demnach bereits eine Hausdurchsuchung. Die Staatsanwaltschaft Bochum war am Samstag nicht für eine Stellungnahmeerreichbar. Osnabrück war in der vergangenen Saison aus der 2. Bundesliga abgestiegen.
Der frühere Osnabrück-Trainer Claus-Dieter Wollitz zeigte sich am Freitagabend fassungslos über den Verdacht. «Ich will das nicht glauben», sagte Wollitz dem BezahlsenderSky. Der mittlerweile beim Zweitligisten Energie Cottbus arbeitende Trainer fügte hinzu, sollten sich mögliche Vorwürfe gegen seine ehemaligen Spieler bewahrheiten, «würdefür mich eine Welt zusammenbrechen».
Die Vorsitzende der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland, Sylvia Schenk, forderte eine bessere Kooperation der Fußballverbände über Landesgrenzenhinweg. Insbesondere in Osteuropa gebe es bei der internen Korruptionsbekämpfung noch Nachholbedarf. Neben einer Debatte über Moral und Unrechtsbewusstsein im Sport müsse der Betrugauch durch Kontrollen so schwer wie möglich gemacht werden. Nötig sei eine «Null-Toleranz-Haltung», damit sich die Fans nicht vom Fußball abwenden, sagte Schenk.
Der Chefredakteur der Fußballzeitschrift «11 Freunde», Philipp Köster, stellte in Frage, ob das nach dem Wettskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer eingeführteFrühwarnsystem in seiner jetzigen Form sinnvoll ist. Neue «Live-Wetten», die während eines laufenden Spiels abgeschlossen würden, seien für die UEFA sehr schwer zukontrollieren. Nötig sei zudem ein Dialog mit Anbietern aus Asien. «Möglicherweise ist da dann auch bilateraler, also politischer Druck auf Regierungsebene gefragt», sagteKöster.
(ddp)
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