Washington/Kabul (ddp). Westliche Geheimdienstebefürchten trotz aller Versprechungen des wieder inthronisierten afghanischen Präsidenten Hamid Karsai kaum Veränderungen zu einer «guten Entwicklung» am Hindukusch.Vertreter der CIA, des Bundesnachrichtendienstes (BND) und anderer Dienste stellten am Freitag in Kabul übereinstimmend die Frage, ob die Rechnung für einen tatsächlichen Wandel inAfghanistan aufgeht.
Karsai hatte bei seiner Amtseinführung am Donnerstag in Kabul versprochen, dass er jetzt die Hauptübel Afghanistans, die Korruption und den Drogenanbau, bekämpfen wolle. Sogar mit denTaliban wolle er verhandeln und Frieden schließen. Bei der prunkvollen Zeremonie waren neben hochrangigen westlichen Regierungsvertretern auch zahlreiche Stammesführer sowieberüchtigte Kriegsherren vertreten, die nach Aussage von Geheimdienstlern mit den Wahlmanipulationen Karsai erneut ins Amt verholfen haben.
Jetzt muss sich Karsai nach dem Hinweis der Geheimdienstler «erkenntlich zeigen». So würden in der Regierung auch Mohammed Fahim und Usbeken-General Abdul Raschid Dostum vertretensein. Beiden werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Einer wird als Drogen- und Waffenschmuggler beschuldigt, den anderen bezeichnen Menschenrechtsorganisationen alsKriegsverbrecher.
Die Ankündigung Karsais, eine Loja Dschirga, eine Große Ratsversammlung, einzuberufen, um auf diesem Wege die Taliban in den politischen Prozess Afghanistans einzubeziehen, wird vonwestlichen Geheimdienstexperten in Kabul und in Washington als ein «totgeborenes Kind» bezeichnet. Sie verwiesen auf die harte ablehnende Haltung der Taliban. Ihr Anführer MullahOmar hat bisher stets erklärt, er komme erst an den Verhandlungstisch, wenn alle internationalen Truppe Afghanistan verlassen haben.
Es gibt nach Aussage von Experten wahrscheinlich nur eine Lösung für die schweren Probleme am Hindukusch. Es müsse nach irakischem Vorbild vorgegangen werden, wie es seinerzeitUS-General David Petraeus im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris erfolgreich versucht hat: Die ethnischen Gruppierungen auseinander dividieren und dafür auch «einiges Geldausgeben».
Ein «wichtiger Schlüssel» liege darüber hinaus im benachbarten Pakistan. Wenn es nicht gelinge, den gefährlich zunehmenden Einfluss der Taliban in Pakistan in den Griff zubekommen, «werden wir in Afghanistan keine Ruhe hereinbringen», sagte ein CIA-Vertreter der Nachrichtenagentur ddp in Kabul.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) brachte seine Erwartungshaltung gegenüber Karsai auf den Punkt. «Er muss jetzt handeln, sein ständiges Lächeln reicht nichtaus», sagte Guttenberg. Bei seinem Antrittsbesuch in Washington hat Guttenberg einen aktiven Beitrag Deutschlands bei der Neuausrichtung des internationalen Einsatzes in Afghanistan zugesagt.Die Bundesrepublik werde nach der für Januar geplanten Konferenz über Afghanistan eine «Neubewertung» ihres Engagements vornehmen. Guttenberg tritt vor allem für einepolitische Lösung des Konflikts in Afghanistan ein.
Am 3. Dezember soll durch den Bundestag erst einmal unverändert das Mandat für 4500 deutsche Soldaten am Hindukusch für ein Jahr verlängert werden. US-Präsident Barack Obama,der während seiner Amtszeit den Krieg in Afghanistan beenden möchte, will schon bald seine neue Strategie verkünden.
Danach wird nach ddp-Informationen das Kontingent der Bundeswehr «wesentlich aufgestockt». Es werden aber vor allem militärische Ausbilder für die afghanische Armee und keinegrößere Zahl von Kampfeinheiten an den Hindukusch geschickt, war aus Bundeswehrkreisen zu erfahren. Die Amerikaner werden «in ähnlicher Weise verfahren», sagte einGeneral.
(ddp)
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