Berlin (ddp). Nach den großen Protesten imSommer sind am Dienstag erneut Zehntausende Studenten und Schüler für bessere Bildung auf die Straße gegangen. Die Initiatoren – ein Zusammenschluss von Schüler- undStudentengruppen – sprachen von über 85 000 Teilnehmern in rund 60 Städten. Die jungen Leute verlangen unter anderem mehr Geld für das Bildungssystem, gleiche Bildungschancen füralle und Korrekturen am System der Bachelor- und Masterstudiengänge. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) äußerte Verständnis für Teile der Forderungen und stellteVerbesserungen in Aussicht – etwa eine Erhöhung des BAföG. SPD, Linke und Grüne warfen der Bundesregierung dagegen vor, zu wenig für die Bildung zu tun.
Zuletzt hatten im Juni Zehntausende Schüler und Studenten demonstriert, um bessere Lernbedingungen einzufordern. Sie kritisieren, seitdem habe sich in der Bildungspolitik trotz vielerVersprechen nichts getan. Bereits vor mehreren Tagen hatten Studenten an zahlreichen Hochschulen in Deutschland damit begonnen, Hörsäle zu besetzen. Nun folgte der Protest auf derStraße.
In Berlin zogen nach Polizeiangaben rund 6000 junge Menschen in einem Demonstrationszug durch die Stadt. Nach Angaben der Organisatoren waren es 12 000 Teilnehmer. Rund 11 500 Demonstrantenbeteiligten sich laut Polizei in Bayern an dem Bildungsstreik – in Augsburg, Bayreuth, Coburg, Erlangen, Nürnberg, Passau und München. In Köln gingen den Veranstaltern zufolge 5000junge Menschen auf die Straße, in Düsseldorf 4000 und in Münster 3500. Rund 2300 Studenten demonstrierten in der Mainzer Innenstadt. In Hannover versammelten sich laut Polizei rund1300 Schüler und Studenten, in Jena waren es 1000.
Neben mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Geld fordern die jungen Leute eine Abschaffung der Studiengebühren, kleinere Klassen und mehr Mitsprache an Schulen und Hochschulen. Viel Unmut gibt esauch über das neu eingeführte System von Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Studenten klagen über eine zu starke Verschulung und eine zu große Stofffülle undfordern Korrekturen.
Auf Druck der Studenten hatten die Bildungsminister von Bund und Ländern vor einigen Wochen Vorschläge gemacht, wie die Probleme beim Bachelor- und Master-Studium behoben werdenkönnten – etwa durch flexiblere Lehrpläne. Sie sehen nun die Hochschulen in der Pflicht, diese Punkte zu verwirklichen. Schavan räumte ein, dass es bei der Umsetzung der Reform«handwerkliche Fehler» gegeben habe, die nun korrigiert würden. Außerdem werde die Bundesregierung in den kommenden vier Jahren zwölf Milliarden Euro in die Bildunginvestieren. Zusätzlich werde sie sich für eine BAföG-Erhöhung einsetzen.
Die Opposition bezeichnete die bildungspolitischen Vorhaben der Regierung dagegen als unzureichend. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, Deutschland müsse pro Jahr 25 Milliarden Eurozusätzlich in die Bildung investieren. Die Steuersenkungspläne von Union und FDP stünden dem entgegen. Auch die Linke und die Grünen verlangten höhere Bildungsinvestitionenund eine Abkehr von den «verantwortungslosen» Steuervorhaben der schwarz-gelben Koalition.
Bis in den Dezember haben die Studenten und Schüler weitere Aktionen geplant. Am 10. Dezember etwa wollen sie die Konferenz der Kultusminister in Bonn mit Protesten begleiten. Auch dieHörsäle vieler Hochschulen bleiben weiter besetzt.
(ddp)