Das #Musik Filmreview: xXx²

Lange hat es gedauert, doch nun kommen auch Kinofans auf ihre Kosten. In Zusammenarbeitmit FilmSzene.de präsentiert Euch RauteMusik nun jeden Donnerstag brandneu das Film-Review der Woche.

Ob Kassenschlager oder Totalausfall, hier erfahrt ihr es als Erstes! Aufgrund einiger Probleme seitens der Presse ist der Aktionkracher xXx², rund um Ice Cube, leidererst Heute verfügbar.

„Eine neue Art von Geheimagent“ präsentierte der erste „xXx“-Film vor drei Jahren und schickte sich an, mit seinem anarchischen Supersportler-cum-Superagent Xander Cage eine neue, laute undgnadenlos auf Tempo getrimmte Action-Franchise fürs neue Jahrtausend zu kreieren.


Nun folgt der zweite Teil, der gleich in doppelter Hinsicht bemerkenswert ist: Vom deutschen Verleiher mit dem kreuzblöden Untertitel „The next level“ versehen, ist „xXx2“ bereits die zweiteFortsetzung, deren Vorgänger mit Regisseur Rob Cohen und Hauptdarsteller Vin Diesel große Wellen schlug, und die sich nun ohne diese beiden zentralen Personen durchschlagen muss. Wie schonbei „The Fast and the Furious“ wollten weder Cohen (der stattdessen den wesentlich aufwändigeren „Stealth“ mit Jamie Foxx und Jessica Biel drehte) noch Diesel (zu sehr beschäftigt mit denbevorzugten Projekten „Riddick“ und „Der Babynator“) die lukrativen Angebote für ein Sequel annehmen – womit „xXx2“ ebenso wie schon „2 Fast 2 Furious“ nur noch mit seinem „guten Namen“ werbenkann. Ob’s für den erneuten Erfolg reicht (bei den Autorasern war’s so) wird sich zeigen.
Auch etwas „Besonderes“ ist „xXx2“, weil er in einer Hinsicht tatsächlich eine neue Stufe einläutet, nämlich den praktischen Ausschluss der berichterstattenden Filmpresse bei einerMajor-Produktion – aus paranoider Angst vor Filmpiraterie. An Metalldetektoren und Leibesvisitationen hat man sich bei Pressevorführungen bereits gewöhnt. Weltweit zeitgleiche Startterminefür Blockbuster sind seit den „Matrix“-Sequels auch nichts Neues mehr, und bei Filmen wie „Harry Potter“ oder „Herr der Ringe“ konnte man als Pressevertreter froh sein, wenn man sie wenigstenseine Woche vor Start zu sehen bekam. Dass eine vernünftige und aktuelle Berichterstattung gerade für Printmedien dadurch erschwert bis unmöglich gemacht wird, kratzt die Filmverleiherda wenig. Bei „xXx2“ nun war der Gipfel erreicht: Es sollte keine deutsche Pressevorführung vor dem amerikanischen Starttermin geben. Da der aber identisch war mit dem deutschen gab es -zwingende Logik – kurzerhand gar keine Vorführung. Das Nachsehen hatte die Presse und die filminteressierte Bevölkerung, die sich gerne vor dem Kinobesuch informiert.

Sei’s drum. Wie bei solcherlei Maßnahmen zu erwarten war, ist „xXx2“ tatsächlich ein Film, den man sich am besten gar nicht erst ansieht. Als gewöhnlicher Action-Kracher schondürftig, enttäuscht er vor allem als zweiter Teil seiner Franchise: Weg ist der Spaß, weg ist die Lockerheit, weg die konsequente ironische Überhöhung, weg das Augenzwinkernund die offensichtliche Grundeinstellung, das alles bloß nicht zu ernst zu nehmen. „xXx“ präsentierte einen Helden, der mit seiner flapsig-antiautoritären Grundattitüde das Salzin der Suppe war, und erfolgreich den Eindruck vermittelte, dass er seine freiberufliche Agententätigkeit aufnahm weil es einen guten Kick und viel Spaß versprach. Und das übertrugsich dann auch aufs Publikum.

Nun nicht mehr. Mit einem einzigenDialogsatz wird Vin Diesels Charakter aus Teil Eins für tot erklärt, und der Weg frei gemacht für einen neuen Triple-X-Agenten, denn es gibt neue Probleme daheim in den USA, und dasist dann auch nicht mehr lustig: Es braut sich eine fiese Verschwörung zusammen, die offensichtlich nichts weniger als einen Staatsstreich plant, und weil deren hochrangiger Anführer ganzweit oben im System steckt, kann man keiner Behörde trauen – weshalb Augustus Gibbons (Samuel L. Jackson, der es zusammen mit Michael Roof als Computer- und Waffen-Geek Toby Shavers als einzigerin die Fortsetzung geschafft hat) auf einen militärischen Hochsicherheitshäftling zurückgreift, um den Tag zu retten. Darius Stone (Ice Cube) heißt der neue Triple-X, ist eineganz schön böser Geselle und hat natürlich beste Connections zu ein paar Jungs, die gerne Autos klauen und aufmotzen (genau: an diesem Punkt darf dann auch Mr. „Pimp my ride“ Xzibitauftreten).

Konsequent schlecht gelaunt und ohne auch nur den Hauch eines Lächelns stapft Stone alias Ice Cube nun durch die zerfahrene Handlung und zerlegt dabei – wie es sich gehört – natürlichso ziemlich alles, was ihm dabei in den Weg kommt. Am Konzept hat sich also im Prinzip nichts getan: Rumsbums im Stakkato-Tempo und ein Held mit ausgeprägter Abneigung gegen Autoritäten.Aber: Wo der erste Teil noch ironisch und Spaß-orientiert daher kam, ist „xXx2“ bierernst und kaum zu Scherzen aufgelegt. Was zuvor die fast schon parodistische Anarcho-Variante einesGeheimagenten-Films war, ist jetzt eigentlich nur noch ein Agenten-Film – nur eben mit ziemlich missmutiger Hauptfigur. Konnte man den ersten Teil noch als Veralberung des klassischenJames-Bond-Strickmusters betrachten, will „xXx2“ am liebsten selbst ein Bond-Film sein. Deutlichstes Indiz: Regisseur Lee Tamahori und Kameramann David Tattersall drehten zuvor gemeinsam „Stirb aneinem anderen Tag“. Wer hatte denn da die grandiose Idee, sich ausgerechnet die eigene Konkurrenz einzuladen?
Das Dilemma von „xXx2“ gerade im Vergleich zu seinem Vorgänger manifestiert sich dennoch weniger in der Inszenierung, sondern vor allem im Hauptdarsteller. Während Vin Diesel einenatürliche Lockerheit und Coolness ausstrahlt, so dass er auch der gefährlichsten Situation noch überzeugend mit einem süffisanten Lächeln begegnen kann, ist Ice Cube vonNatur aus sauer, angepisst und bestimmt nicht zu Scherzen aufgelegt. Es war aber gerade Diesels Souveränität und entwaffnende Unernsthaftigkeit, die es dem ersten Teil überhauptermöglichte, mit seinem Nonstop-Nonsens von unmöglichsten und vollkommen überzogenen Actionsequenzen durchzukommen – eben weil die Hauptfigur dem Publikum das Gefühl vermittelte,das alles hier bloß nicht zu ernst zu nehmen, ist doch nur Spaß. Der neue Triple-X hingegen kennt keinen Spaß, macht keinen Spaß und geht dementsprechend auch hoffnungslosunter in Actionszenen, die vollkommener Humbug sind und auch nur als solcher gesehen werden – gipfelnd in einem Showdown der so dermaßen bar jedem Realismus ist, dass im Vergleich das Ende vonTeil Eins direkt glaubwürdig erscheint. Wenn da Toby Shavers schon nach wenigen Minuten mit dem Neuen meint „Ich vermisse langsam den alten X“, dann spricht er einem damit wahrlich aus derSeele.

Auf diese Art verrät „xXx2“ denGrundcharakter seiner eigenen Franchise, bevor diese sich überhaupt anständig etablieren konnte, und ist somit gerade als Fortsetzung schon im Ansatz gescheitert. Die weiteren, zahlreichenSchwachpunkte sind da dann nur noch Kleinigkeiten, die die Sache noch schlimmer machen: Die Abwesenheit an griffigen One-Linern, das Versumpfen in Unglaubwürdigkeit bei wirklich jederGelegenheit (da ist Computerheld Toby dann halt auch in der Lage, sich innerhalb von fünf Minuten ins Pentagon zu hacken), das Fehlen auch nur einer einzigen überzeugendenSchauspielleistung (selbst die Vorstellungen von Könnern wie Samuel L. Jackson oder Willem Dafoe als böser Verteidigungsminister grenzen hier fast an Arbeitsverweigerung) bis hin zu PeterStrauss denkwürdigem Auftritt als der wohl schlechteste Film-Präsident aller Zeiten – ein Kasper vor dem Herrn.

Die Produzenten haben die konsequente Überhöhung und latente Anarchie des ersten Teils wohl als Freifahrtschein für die Fortsetzung betrachtet, sich hier wirklich alles erlauben zukönnen – ganz egal, wie strunzdämlich Dialoge, Story und der komplette Film dabei werden. Dass es dabei aber auf den richtigen Tonfall ankommt, hat anscheinend keiner verstanden. Und wennam Ende dann die Weichen für den nächsten Film mit wieder einem neuen Triple-X-Agenten gestellt werden, fragt man sich wirklich, was da vom Franchise-Konzept eigentlich noch übrigbleibt, wenn sich mit jedem Teil die Verpackung und der Inhalt ändert, und nur der Name übrig bleibt. Wie gesagt: Sei’s drum.

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