80-Jähriger bloggt über sein Leben im Ruhrgebiet

Castrop-Rauxel (ddp-nrw). Hans Frackowiak schreibtGeschichte. Regelmäßig sitzt der 80-Jährige in seinem Arbeitszimmer in Castrop-Rauxel und arbeitet dort an seinen Erinnerungen. Er hält sie zunächst in einem kleinen, blauenBuch fest und überträgt seine handschriftlichen Zeilen dann ins weltweite Netz. Hans Frackowiak gilt als der älteste Blogger Deutschlands. Auf seinem Blog«castroper-geschichten.de« schreibt der Rentner über sein Leben und seine langjährigen Beobachtungen im Ruhrgebiet.

«Früher hatte ich Angst vor dem Internet», sagt der 80-Jährige. «Ich dachte, man kann möglicherweise zu viel Zeit damit verbringen, so dass es wie eine Drogewirkt», erklärt der Rentner seine anfänglichen Vorbehalte. Die aber revidierte er mit der Zeit, zumal er sich stets an eine eiserner Regel hält: täglich nur eine Stunde amComputer. «Das halte ich auch strikt ein», erzählt Frackowiak, der vor zwei Jahren mit dem Bloggen begann.

«Ich konnte aus gesundheitlichen Gründen meinen Hobbys einfach nicht mehr nachgehen», erinnert sich der ehemalige Bergmann. «Papa, du hast uns doch immer so schön vonfrüher erzählt», habe der Sohn in jener Zeit zu ihm gesagt – und seinem Vater einen Blog eingerichtet, damit der dort seine Geschichten nieder schreiben konnte. Mittlerweile hat HansFrackowiak zwischen 90 und 100 Beiträge verfasst, regelmäßig kommen neue hinzu. Es sind Erzählungen aus seinem Leben, es sind Erinnerungen an Menschen und Begebenheiten, in denensich immer auch ein Stück Ruhrgebietsgeschichte widerspiegelt.

So schreibt der 80-jährige Blogger über seine Schulzeit, über die dunkle Epoche des Nationalsozialismus, über die Nachkriegsjahre, über seinen Arbeitsalltag auf dem Püttund über den Niedergang des Bergbaus. Und: Frackowiak schreibt natürlich auch über seine Heimatstadt, die kleine Nachbarkommune Dortmunds und Bochums. Nicht zuletzt deshalb heißtsein Blog «castroper-geschichten.de». Dort finden sich heitere Anekdoten und nachdenklich stimmende Schilderungen, die von 1932 bis in die Gegenwart reichen. «Ich schreibe nichtchronologisch, sondern so, wie mir die Dinge gerade einfallen», erzählt er.

Meist, sagt Frackowiak schmunzelnd, komme die Erinnerung im Schlaf. «Ich liege dann hier in meiner Werkstatt», weist er auf die Couch in seinem Arbeitszimmer. «Und wenn mir dannetwas einfällt, setze ich mich sofort an den Tisch.» Er schlage dann zunächst sein blaues Handbuch auf und schreibe die Idee handschriftlich nieder. «Wenn ich die Geschichtensofort in den Computer kloppe und mir später noch etwas einfällt, muss ich da immer wieder ergänzen», erklärt er. Handschriftlich sei dies weniger umständlich.

«Wenn ich schreibe, ist das wie Film gucken», beschreibt er den Prozess. «Ich lasse die Geschichten dann noch einmal ablaufen.» Ähnliches dürfte er bei den Lesernhervorrufen. Die Kommentare auf seinem Internetblog jedenfalls sind durchweg positiv. «Das freut mich natürlich sehr», betont der 80-Jährige, der gar bereits Resonanz aus denUSA und Australien bekam – von ausgewanderten Castrop-Rauxelern.

Eines der schönsten Komplimente aber erhielt er wohl von Robert Basic, einer Größe in der deutschen Blogger-Szene, der Frackowiak zu seinem «virtuellen Ersatz -Opi»ernannte. Der «Blog-Opa» aber wirkt gar nicht großväterlich oder gar alt. Nicht weiter verwunderlich, denn: «Der Blog hält mich jung», betont Frackowiak.

Er könne Menschen in seinem Alter den Umgang mit dem Internet nur empfehlen. Allerdings sähen viele ältere Menschen beim Internet nur das Negative, weiß der Rentner. Esbedürfe da an Aufklärung und Hilfen für Senioren, um die Internetnutzung zu erlernen, findet er.

«Leider haben immer noch zu viele ältere Menschen Berührungsängste mit neuen Technologien», weiß auch der Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft,Telekommunikation und neue Medien, August-Wilhelm Scheer. Dabei könne das Internet gerade Senioren viel bieten. Frackowiak kann da nur zustimmen. Das Netz ist für ihn Informationsquelle,der Blog sein Gedächtnis. Irgendwann, das steht für ihn fest, wird dieses auch ein Buch füllen. «Bis dahin schreibe ich erst mal noch einige Geschichten», sagt derRentner.

(ddp)

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