Berlin/Los Angeles (ddp). Ein Wind weht durch Los Angeles.Das muss ein Zeichen sein – ein Zeichen vom «King of Pop». Ganz sicher ist sich Regisseur Kenny Ortega: «Es ist der Geist von Michael Jackson. Er ist hier.» Und da ist er auchschon, wenn auch nur auf der Leinwand: «This Is It», ein Zusammenschnitt von Filmaufzeichnung während der Proben für Jacksons Comeback-Konzertreihe, zeigt die letztenArbeitstage und -wochen des Superstars. Am Dienstag feierte der Streifen im «Staples Center» in Los Angeles Premiere. Im Kino läuft er nur zwei Wochen – dann erscheint die DVD.
Es ist ein sehr moderner Film: Alles beginnt mit einem Casting. Junge Menschen, die Tänzer in der gigantischen Bühnenproduktion werden wollen, sprechen zitternd vor Nervosität Worteder Bewunderung in die Kamera. Noch ist die Halle leer. Denn Michael Jackson gibt gerade in London eine Pressekonferenz, auf der er zehn Shows ankündigt. Dass der Veranstalter des Spektakels,die Anschutz Entertainment Group, 50 Shows plant, weiß er da augenscheinlich noch nicht: Der Künstler wirkt desorientiert, fahrig – wie auf Droge. Ihm muss der Weg aufs Podium gewiesenwerden. Seinen Aufpassern droht er mit der Faust.
«This Is It» – nach Angaben des Verleihs ein «Dokumentarfilm» – zeigt diese erschütternden Szenen, die längst aus dem Internet bekannt sind, nicht. Das Materialwurde drastisch zusammengeschnitten, bis nur noch jubelnde Fans und Michael Jackson zu sehen sind, wie er «I love you» sagt. Schnitt. «Es ist ein Segen, dass wir diese Bilderhaben», hatte der Regisseur auf dem roten Teppich vor der offiziellen Uraufführung der freundlichen Damen vom Fernsehen mitgeteilt.
Die Aufnahmen entstanden von April bis Juni dieses Jahres. Verwendung fanden vor allem Kostüm- und Beleuchtungsproben, die Michael Jackson gut aussehen lassen – verhältnismäßig.Der Mann, der kurze Zeit später den bisherigen Ermittlungen zufolge an einer Überdosis des Narkosemittels Propofol starb, ist kaum mehr als Haut und Knochen. Mal ist es ein silbernerÜberwurf, mal eine Jacke im «Oversized»-Look, die ihm eine menschliche Statur gibt. «Trink mal ein Gas Wasser», befiehlt der Produktionsleier, und Jackson gehorcht.
Beeindruckend allerdings, mit welcher Präzision Jackson seine Tanzbewegungen vollführt, über was für eine Mikrofondisziplin er verfügt, wie genau er intoniert. «EinPerfektionist», wie Jonathan Moffett, Jacksons Drummer sagt, ebenfalls Profi durch und durch. «Für einen Superstar ist das nicht gerade selbstverständlich.» Er wolle, sohatte Jackson seine Band instruiert, dass alles so klingt wie auf seinen Alben, «wie die Leute es gewohnt sind.» Und ob «Beat it», «Thriller» oder «EarthSong» – die Songs sitzen. So, wie Jackson den «Moonwalk» tanzt, vergisst man es manchmal dann doch: Schon die Proben waren zuviel für Jackson, die Shows hätte er niemalsdurchgehalten, heißt es.
Doch nicht im Film. «This Is It» versucht, die menschliche Tragödie mit Bühnenlicht zu überstrahlen – und macht sie so nur überdeutlich sichtbar. Bis zum Ende zeigtder Film die schöne Welt des Showbiz. Auch der allerletzte Satz im Abspann ist politisch korrekt. Er lautet: «Es kamen keine Tiere bei diesen Aufnahmen zu Schaden.»
(ddp/Bild: Teleschau)