Berlin (ddp). In einer Sache herrschte trotz zäherKoalitionsverhandlungen vor den Kameras Einigkeit. «Die Stimmung ist gut», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag zu Beginn von Tag zwei des Gesprächsmarathonssichtlich gut gelaunt. Auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) lobte die «sehr sehr gute Atmosphäre in den letzten Tagen», als er gemeinsam mit FDP-Vize RainerBrüderle Einzelvorhaben der künftigen Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik vorstellte.
Viel mehr erfuhren die versammelten Pressevertreter von den künftigen Koalitionären nicht. Ursprünglich hatten die drei Parteien angekündigt, dass die «großenBrocken» bei der dreitägigen Verhandlungsrunde abgearbeitet werden sollten. Zum Auftakt äußerte sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder zuversichtlich, dass CDU, CSU und FDPeinen «ganz entscheidenden Schritt vorankommen».
Statt Vereinbarungen zu den wichtigen Streitpunkten in der Steuer- und Gesundheitspolitik, wurden aber nur kleine Beschlüsse präsentiert – von der Einführung eines nationalenStipendienprogramms bis hin zum geplanten Bürokratieabbau. Die Knackpunkte sollten nicht mehr in der großen Runde, sondern ab Samstagnachmittag im sogenannten Beichtstuhl-Verfahren beratenwerden, also im vertraulichen Gespräch zwischen den Parteivorsitzenden und den jeweiligen Chefunterhändlern der Fach-Arbeitsgruppen. Über den Umfang der Steuersenkungen und denGesundheitsfonds – die strittigsten Themen – wird aber erst später entschieden, «nicht mehr an diesem Wochenende», wie Merkel klarstellte.
Am Mittwoch kommt die 27-köpfige Koalitionsrunde noch einmal zusammen. Vorher sollen Montag und Dienstag die Fach-Arbeitsgruppen bereits untereinander über Themen verhandeln, die mehrereRessorts betreffen. Ganz am Ende der Beratungen sollen die Zuschnitte der Ministerien vereinbart und die Posten vergeben werden. Parteitage von CDU, CSU und FDP müssen dann den Koalitionsvertragbilligen. Nach Willen der Union soll die neue Bundesregierung möglichst bald nach Konstituierung des Bundestags am 27. Oktober gebildet werden.
Bis dahin wird in kleinen Schritten weiterverhandelt – und das scheinbar in bester Laune. «Alles Prima», verabschiedete sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) am Nachmittagaus der nordrhein-westfälischen Landesvertretung. «Das Klima ist gut und wir sind – alle die da sind – sicher, dass wir es schaffen», sagte auch sein nordrhein-westfälischerAmtskollege Jürgen Rüttgers (CDU).
Ein anderes Bild der Verhandlungen des 27-köpfigen Gremiums zeichnete ein Fachpolitiker allerdings in der Nacht zum Samstag. In seiner Arbeitsgruppe sei auf höherem Niveau diskutiertworden, sagte er den wartenden Journalisten. In der großen Runde säßen hingegen «mürrische alte Männer», die zu allem «Nein» sagten.
(ddp)
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