Tauziehen um die Sachthemen

Berlin (ddp). Bei den Koalitionsverhandlungen arbeiten sichUnion und FDP zu den strittigen Sachthemen vor. Am Mittwoch wurde in Arbeitsgruppen der künftigen Bündnispartner erstmals über die Gesundheits-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitikberaten. Spitzenvertreter von CDU, CSU und FDP äußerten sich trotz der zum Teil massiven inhaltlichen Differenzen zuversichtlich, gemeinsame Lösungen zu finden. Am Donnerstag kommt inBerlin zum zweiten Mal die große Koalitionsrunde zusammen.

Auf ein deutliches Nein in der Union stieß erneut die FDP-Forderung, «Hartz IV» zugunsten eines Bürgergeldes abzuschaffen. «Es wird keine Zerschlagung sozialerSicherungssysteme geben», versicherte CDU-Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe. Die Pauschalisierung von Sozialleistungen beim Bürgergeld sei «nicht sinnvoll». Auch werde dieBundesagentur für Arbeit nicht aufgelöst. Brauksiepe monierte, dies sei nicht der Zeitpunkt für eine Grundsatzdebatte. Vielmehr müsse man sich auf eine konkrete Verbesserung derSituation der Menschen konzentrieren. Für die Koalitionsverhandlungen sah der CDU-Politiker dennoch «keine unüberwindlichen Hindernisse».

Bayerns Arbeitsministerin Christine Haderthauer (CSU) schloss einen «Sozialabbau» aus. Das Bürgergeldkonzept sei zudem «sehr schlecht durchdacht» und nicht wirklichumsetzbar. Nach Vorstellungen der FDP sollen alle steuerfinanzierten Sozialleistungen zu einem Bürgergeld zusammengefasst werden. Bestrebungen, am Kündigungsschutz zu schrauben hieltHaderthauer gerade angesichts der Wirtschaftskrise für «vollkommen fehl am Platz».

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hoffte derweil auf eine «große Annäherung» an verschiedenen Punkten. FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb fügte hinzu, «HartzIV» müsse als «Relikt der rot-grünen Regierung» überwunden werden. «Wir wollen Systeme, in denen die Menschen wirklich auch Anreiz haben, zu arbeiten»,sagte er. Wie Niebel zeigte er sich «guter Hoffnung, dass die Kollegen sich nicht verschließen werden». Die Leitlinie aller müsse es sein, die«Markteintritts-Schwellen» abzusenken.

Nach den Beratungen der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege äußerten sich die Unterhändler der drei Parteien zufrieden. Nach Angaben von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen(CDU), die die Runde zusammen mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) leitet, sind die Gespräche «auf gutem Wege». FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr sprachvon einem «sehr konstruktiven» Treffen, ging aber von «langen und harten Verhandlungen» aus. Die FDP will den Gesundheitsfonds abschaffen, was die Union ablehnt. Wegen deserwarteten Milliardendefizits in der gesetzlichen Krankenversicherung sagte Leyen, jetzt gehe es darum, die aktuellen Zahlen anzuschauen und mit dem «Sachverstand beider Seiten» die besteLösung zu finden.

Am Dienstag hatte sich bereits die Verhandlungsgruppe Inneres und Justiz zu ihrer konstituierenden Sitzung getroffen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sah im Anschluss daran «echteChancen, zu konstruktiven Ergebnissen zu kommen». Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lobte die «offene Atmosphäre». Das Thema Datenschutz habe bei denGesprächen einen hohen Stellenwert angenommen, sagte sie.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) stellte derweil klar, dass es «keine Kompromisse auf Kosten der Inneren Sicherheit» geben dürfe. Die FDP-Forderung nach Änderungenbeim BKA-Gesetz wies er als «nicht verständlich» zurück. «Seit dem 1. Januar 2009 darf das BKA zur Terrorabwehr exakt das, was der Polizei in den Ländern schon immererlaubt war plus Online-Durchsuchung», sagte er. Die FDP habe in den Ländern, in denen sie mitregiert, dagegen bisher nichts einzuwenden. Auch hinter die Änderungswünsche derLiberalen bei der Online-Durchsuchung setzte der CDU-Innenexperte ein Fragezeichen. Er gehe davon aus, «dass die FDP auch im Bund die Realität akzeptiert».

(ddp)

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