Diesmal kein Eklat beim Deutschen Fernsehpreis

Köln (ddp). Ein Eklat ist dem Deutschen Fernsehpreisin diesem Jahr erspart geblieben. Kein Preisträger, der aus der Rolle fiel; kein Laudator, der seine Drei-Minuten-Ansprache zur Generalabrechnung mit dem Medium nutzte. Im vergangenen Jahr hatteLiteraturkritiker Marcel Reich-Ranicki die sonst etwas dröge Veranstaltung im Kölner Coloneum aufgemischt, als er den ihm zugedachten Ehrenpreis brüsk zurückwies und der deutschenTV-Landschaft einen gravierenden Mangel an Niveau bescheinigte.

Der furiose Auftritt war auch am Samstagabend noch Thema, als in Köln die elfte Auflage des Fernsehpreises über die Bühne ging. Reich-Ranicki habe in einem Moment der Selbsterkenntnisgehandelt, fand Comedian Bernhard Hoecker noch auf dem roten Teppich: «Er hat halt begriffen, dass er als Schriftsteller eben keine Fernsehnase ist.»

Im Saal wurde Thomas Gottschalk nach zehn Jahren zum zweiten Mal für seine Moderation von «Wetten, dass..?» geehrt. Er hatte vor einem Jahr noch selbst den Fernsehpreis moderiert -und dabei mit einiger Bravour den Schaden bei Reich-Ranickis rüder TV-Abrechnung begrenzen können. Da war es naheliegend, für seine Dankesworte in die Rolle des berüchtigtenLiteraturkritikers zu schlüpfen. «Es hat noch keiner geschafft, ´Wetten, dass..?´ kaputt zu moderieren, aber ich verspreche, ich arbeite dran», sagte er.

Eine unabhängige Jury aus Produzenten, Journalisten, Schauspielern und Fernsehschaffenden hatte sich durch rund 1300 Programmstunden gearbeitet, um die besten Leistungen des vergangenenFernsehjahres zu küren. «Jury-Arbeit kann manchmal grausam sein», seufzte die Vorsitzende Bettina Böttinger. Doch mitunter gab es doch auch echte Höhepunkte zu entdecken -wie das gleich mit zwei Preisen ausgezeichnete Drama »Ein halbes Leben«. Der österreichische Kabarettist Josef Hader, der für seine Darstellung eines verzweifeltenFrauenmörders als bester Schauspieler geehrt wurde, bedankte sich brav beim ZDF für die großzügige Gage.

Nachwuchsschauspielerin Anna Fischer, ausgezeichnet als beste Nebendarstellerin, wunderte sich: »Als ich eben über den roten Teppich gekommen bin, hat sich niemand für michinteressiert. Und jetzt habe ich einen Fernsehpreis.«

An kritischen Betrachtungen zur deutschen Fernsehlandschaft mangelte es auch ohne Reich-Ranicki nicht. So warb Regisseur Roland Suso Richter, dessen ARD-Streifen «Mogadischu» zum bestenFernsehfilm gekürt wurde, für starke Produzenten und Redakteure als Garanten für Qualitätsfernsehen. «Heute-Journal»-Chef Claus Kleber, ausgezeichnet mit einemFernsehpreis für die Reportage «Die Bombe», nutzte seine Dankesworte für eine Hymne auf ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender: «Ein Chefredakteur, der so an den Schablonenvorbei denkt, ist Gold wert für das öffentliche rechtliche Fernsehen.» Der stellvertretende ZDF-Verwaltungsratschef, Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), hatte sichmehrfach offen für eine Ablösung von Brender ausgesprochen.

Pierre M. Krause vom Comedyformat «TV-Helden» bedankte sich bei RTL ausdrücklich nicht dafür, dass die ausgezeichnete Sendung bereits nach zwei Ausgaben eingestellt wurde.Krause und die anderen TV-Helden sind inzwischen in der neuen Late-Show von Harald Schmidt untergekommen.

Der Ehrenpreis der Stifter ging in diesem Jahr an Alfred Biolek für sein Lebenswerk, und der gab sich gerührt und altersmilde: »Vieles gefällt mir am heutigen Fernsehen nicht,aber ich stehe zu diesem Medium.« Insgesamt erhielt das ZDF vier der Preise, jeweils zwei Preise gingen an ARD und RTL, einer an den Sender Sat.1, der in diesem Jahr auch die Preisverleihungausrichtete.

Moderiert wurde die Gala von Bastian Pastewka und Anke Engelke, die dafür in die Rollen der «Volksmusik-Stars» Wolfgang und Anneliese schlüpften. Engelke glänzte mit Dirndlund Betonfrisur, Pastewka – fast noch besser – als verhaltensauffälliger Trachtenträger mit Krampf-Lächeln, was selbst die überwiegend mauen Pointen erträglicher machte.Beide sind mit ihren Serien »Pastewka« und «Ladykracher» im kommenden Monat wieder bei Sat.1 zu sehen.

(ddp)

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