Ein neuer Tag bricht an, ein neues Unheil droht. Angelehnt an den Bullfrog-Klassiker Dungeon Keeper organisiert ihr in Dungeons eurer eigenes dunkles Verlies. Ähnlichkeiten sind da, aber doch weniger, als es anfänglich scheint. Vor allem der Kultfaktor bleibt unerreicht.
Montag, 6:66 Uhr: Zu unchristlicher Stunde hebt Charles Charmington seinen stählernen Paladinskörper in die ebenso stählerne Rüstung. Zähne geputzt, Prinzessin geküsst und auf zu heldenhaften Taten. Sein Ziel: euer Dungeon, den ihr derweilen auf Vordermann bringt. Hier die Goblins eine frisch entdeckte Goldader abbauen lassen, dort einen neuen Spawn-Punkt für Killerkröten setzen und dann den Abenteurer, der seit gestern im Verlies vergammelt, eben in die Folterkammer stecken.
Diese Champions sind eure ärgsten Feinde
10 Uhr: Charmington ist nicht der erste Held, der heute bei euch eintrudelt. In der lokalen Kneipe hat ein Überlebender eurer Verlies für seine Schätze gelobt und seitdem könnt ihr euch gar nicht mehr vor Magiern und Dieben retten. Es geht zu wie auf dem Rummel. Und das ist gut so, denn viele zufriedene Helden bedeutet für euch viel Seelenenergie. Entsprechend kümmert ihr euch – anders als in Dungeon Keeper – nicht um das Wohlergehen eurer Kreaturen, sondern um die abenteuerlichen Bedürfnisse der Helden. Charmington steht als Paladin nicht nur auf Gold, sondern sowohl auf dicke Rüstungen als auch ebenso dicke Bücher. Damit er glücklich ist, spickt ihr seinen Weg also weniger mit Fallen und Monstern und dafür mehr mit Bibliotheken, Waffenkammern und natürlich Goldschätzen an jeder Ecke.
Einfacher Aufbau dank weniger Möglichkeiten
Der Aufbau geht sehr einfach von der Hand, reduziert sich aber leider auf sehr wenige Möglichkeiten. Fallen, Monster, Gold, Waffen und Bücher sind schon alle Elemente, die ein guter Dungeon Lord in Einklang bringen muss. In sich bieten diese dann zwar mehr Variation, aber noch ein paar Räume mehr wären schön gewesen. Gefängnisse, Folterkammern und Opferaltäre erfüllen zwar ihre eigenen Aufgaben, hätten aber beispielsweise gleichzeitig noch dazu dienen können, dass mancher Held sie braucht, um glücklich zu sein. Genauso die endlos vielen Prestige-Objekte, die Abenteurer zwar interessiert betrachten und euch in der Statistik zu einem noch böseren Bösewicht machen, hätten an sich Bedürfnisse befriedigen dürfen, statt einfach nur Deko und Power-Up zu sein. Ganz ab davon, dass gerne auch noch ein paar komplett neue Elemente willkommen gewesen wären.
Dazu kommt außerdem, dass sich Goblins – die Monster-Arbeiterklasse – nicht kontrollieren und nur schlecht regulieren lassen. Einzelnen Arbeitern können Aufgaben pauschal verboten werden, aber umgekehrt Prioritäten setzen funktioniert nicht. Wenn erst Gang A und dann B gebuddelt werden sollen, ist die einzige Möglichkeit, das sicherzustellen, erst dann B zu markieren, wenn A fertig ist. Ansonsten überlegen sich die Leute sogar mal mitten in ihrer Arbeit, dass sie jetzt woanders graben wollen.
Ein guter Dungeon bietet für jeden Helden etwas
12 Uhr: Die letzten Stunden hat Charmington nicht nur mit einem Helden-Abschlussklasse-2006-Treffen am lokalen Heilbrunnen verbracht, sondern vor allem auch in den düsteren Ecken des Dungeons. Fliegende Totenköpfe, bösartige Riesenratten und hinterhältige Steinkrieger konnten ihn nicht aufhalten. Mittlerweile sind seine Taschen voll Gold und seine Rüstung komplett gegen Gegenstände aus euren Waffenkammern getauscht. Und einen neuen Zauber hat er hier auch gelernt. Im Grunde ist er absolut zufrieden. Entspannt wandert er zum nächsten Ausgang und freut sich auf sein Bett, seine Prinzessin und einen wohlverdienten Fernsehabend auf der Couch. Doch kurz bevor er das Tor erreicht, stellt ihr euch persönlich in seinen Weg und beendet sein kümmerliches Dasein. Euer Lohn: Seine gesamte Seelenenergie.
Wirtschaften mit Gold, Prestige und Seelenenergie
Neben Gold sammelt ihr vor allem eine weitere Ressource. Das ist die Seelenenergie der Helden. Mit ihr macht ihr eure Monster stärker, besorgt euch mehr Goblins oder kauft Prestigeobjekte, die euren Dungeon bedrohlicher und dadurch wiederum euch stärker machen. Außerdem schaltet ihr mit genug Prestigepunkten bessere Objekte frei. Euer Ziel ist es, Helden so anzufüttern, dass sie möglichst komplett zufrieden sind, denn dafür gibt es Bonusenergie. Sollten sie dagegen durch Monster oder Fallen statt durch eure Hand sterben, bekommt ihr weniger. Während ihr also gleichzeitig strategisch den Aufbau des Verlieses koordiniert, müsst ihr die Helden im Auge behalten und sie im richtigen Moment mit der einen Einheit erledigen, die ihr aktiv steuern könnt: mit euch selbst. Dafür könnt ihr aus der strategischen Vogelperspektive auch in die Schulterperspektive wechseln und den Dungeon Lord wie einen Action-Rollenspiel-Helden steuern. Allerdings ist der Bildausschnitt etwas unglücklich und besonders bei den Bossen ungenügend. Außerdem ist die Steuerung fern von optimiert. Mehr als ein nettes Gimmick ist der 3rd-Person-Modus daher nicht.
Miese Bürokratie rettet Heldenleben
Sind Helden unzufrieden greifen sie euch aus Frust auch mal an. Das wäre ok, wenn es nicht vorkommen könnte, dass sich ein Held durch einen Durchgang auch beim Gegner umschaut, dort nicht findet, was er sucht, und ihr das natürlich nicht beeinflussen könnt. Umgekehrt ist das Feedback leider auch nicht toll, wenn ein Held bereit ist, nachhause zu gehen. Erst wenn er die Unterwelt verlassen hat – mit eurem Gold – und das für euch Verlust bedeutet, informiert euch euer Berater. Die Übersichtsgrafik die euch zeigt wie die Helden drauf sind und wonach sie grade suchen, bietet außerdem keine Sortiermöglichkeiten und verschiebt sich zwecks Aktualisierungen, während ihr gerade lest. Das nervt beides. Dass Helden einfach alle paar Minuten eine Stufe aufsteigen und stärker werden, macht das zwar besser kalkulierbar, witziger wäre allerdings, wenn tatsächlich die Schätze und Erfahrungspunkte aus eurem Dungeon dazu beitragen würde. Leider nur eine nette Idee, die so nicht umgesetzt wurde. Dafür hagelt es zahlreiche Anspielungen auf andere (Rollen-)Spiele.
Besonders bei Bossen nervt der kleine Bildausschnitt
14 Uhr: Der Tag war bisher ganz entspannt. Kein Held hat es geschafft, vollgepackt mit euren Schätzen aus dem Dungeon zu flüchten, und ihr habt den Laden nebenher auch noch bis zur Perfektion ausgebaut. Doch was ist das? Eure Freundin Kalypso erklärt sich zur Ex, fällt euch in den Rücken und überschwemmt euch mit extrem starken Helden. Strategischer Rückzug ist vorerst die einzige Option, doch gemeinsam mit eurem Goblinberater werdet ihr Kalypso im Laufe einer unspektakulären Geschichte von ihrem erschlichenen Thron stoßen.
Lahme Story mit nettem Humor
Die Story der Kampagne gewinnt sicher keinen Oscar, der Humor dagegen ist mal schwarz, mal frisch, mal dämlich. Und während die eigentliche Inszenierung mit nur wenigen Videos, detaillosen Wortmeldungen verschiedener Untergrundbosse und langweiligen Bosskämpfen nicht punktet, ist die Sprachausgabe dafür umso treffender. Ein größeres Problem ist dagegen der Mangel an Abwechslung. Mal steht schon ein halbwegs tauglicher Dungeon, mal müsst ihr ihn von Grund auf neu aufbauen, doch fast immer liegt der Fokus hier. Die scheinbaren Hauptaufgaben, die ihr dann von Mission zu Mission mit eurem Dungeon Lord erfüllen müsst, könnten zwar Abwechslung bringen, sind aber so einfach nebenbei zu erledigen, dass dieser Aspekt weniger Gewicht hat, als er sollte.
Die lahme Story wird ebenso lahm präsentiert
20 Uhr: Nachdem ihr wieder ganz unten anfangen musstet, diversen Konkurrenten erst die Füße geleckt und sie danach in den Staub getreten habt und schließlich wieder in der Hölle angekommen seid, seid ihr mächtiger denn je. Die letzten Verbündeten von Kalypso erledigt ihr mittlerweile sogar, ohne euch groß um den wirtschaftlichen Aspekt der Dungeonpflege kümmern zu müssen. Immerhin habt ihr vorher zahlreiche Herausforderungen und Aufträge gemeistert und seid so stärker geworden, als der gemeine Held es sich zu erträumen wagt. Vielleicht sind eure Konkurrenten aber auch einfach nur ein bisschen dumm.
Mächtig, aber dadurch auch schnell mächtig langweilig
Dungeons ist an sich ein extrem einfaches Spiel. Dabei kommt zusammen, dass ihr einerseits eure Figur in bester Rollenspiel-Manier in drei Skillbäumen mit aktiven und passiven Kampf- und Wirtschaftsfähigkeiten verbessern dürft. Andererseits sind speziell andere Dungeon Lords mit unglaublich mieser künstlicher Intelligenz gesegnet und haben nicht den Hauch einer Chance. Da passiert es schon mal, dass ihr deren Dungeon-Herz angreift – Zerstörung dieses bedeutet Untergang – und sie erst versuchen, euch aufzuhalten, wenn ihr es schon fast erledigt habt. Aber auch das Balancing der Prestige-Objekte ist fraglich, da diese euch um bis zu 400 Prozent mächtiger machen können, was euren Schlägen ordentlich Wumms verpasst. Erledigt ihr dazu dann auch nur ein paar der zahlreichen – wenn auch immer wieder gleich auftauchenden – Herausforderungen in den Missionen, seid ihr durch die entsprechenden Boni bestens für alles weitere gewappnet und erledigt jede Aufgabe im Schlaf.
Nicht clever: Der gegnerische Lord schaut einfach nur zu
Fazit:
Dungeons bringt einige nette Ideen mit, hat aber noch mehr Schwächen und motiviert dadurch auf Dauer leider nicht. Videospiel-Fans müssen zwar über die ein oder andere Anspielung schmunzeln, trotzdem aber stellenweise dagegen ankämpfen, einfach aufzuhören. Die Inszenierung schwächelt und vermittelt die recht simple Geschichte leider nicht als motivierend epische Aufgabe, sondern eher als Aneinanderreihung von kleinen Gräueltaten, die irgendwann zu Kalypsos Fall führen. Im Spiel selbst fordern dabei nur die Herausforderungen, die das Einhalten von optionalen Einschränkungen belohnen und damit sinnvollere Achievements sind. Gleichzeitig wird der Dungeon Lord dabei aber so mächtig, dass alles andere zu einfach wird und das Spiel durch ständig gleichen Ablauf in Langeweile abdriftet.
Alles in allem ist Dungeons ein Spiel für eingesessene Fans der dunklen Strategie-Seite und bietet glücklicherweise eine Demo an, die ihr euch vor einem Kauf dringend zu Gemüte führen solltet.
Schlagworte: Dungeon Keeper, Dungeons, Kalypso, realmforge, Rollenspiel, Strategiespiel