Berlin (ddp-bln). Solche Erfolge haben nur wenigeWahlvideos: Nach 900 Aufrufen am vergangenen Sonntag war ein musikalisch unterlegtes Werk der Jungen Union (JU) Tempelhof-Schöneberg am Donnerstag schon 27 000 Mal aufgerufen worden. Dochinzwischen hat die Junge Union das Video aus dem Netz genommen. Offizielle Begründung: «Es hat zu viele Vergleiche mit der NPD und der Hitlerjugend gegeben», sagte der BerlinerRechtsanwalt Dietrich Rudorff der Nachrichtenagentur ddp.
Rudorff hatte in Abstimmung mit dem Landes- und Kreisverband das Video produziert, in dem der Refrain lautet: «Wir sind Deutschlands Nummer Eins / für Freiheit und Gerechtigkeit / Die JUwird immer sein / Komm mit und sei auch du dabei.» Das Lied unterlegt Bilder von JUlern an Wahlkampftischen und auf Veranstaltungen, es zeigt sie als Gruppe mit Deutschlandfahne oder beiFeiern. Nachdem das Video fast fünf Wochen wenig beachtet wurde, entwickelte es sich am vergangenen Wochenende zu einem Renner.
Der Vorsitzende des JU-Kreisverbandes, Manuel Schubert, war begeistert. Der «eingängige Refrain und die stimmungsvolle Melodie» seien Garanten für den Erfolg diesesWahlkampfmittels, sagte er der «Süddeutschen Zeitung». JU-Bundesgeschäftsführer Thomas Dautzenberg nannte es in dem Blatt «interessant», es sei ein Zeichen vonKreativität. Auf der von CDU-Mitgliedern betriebenen Webseite CDU-Politik.de lautet ein Kommentar: Das Lied sei geeignet, das Image der JU aufzulockern. Es komme «fröhlich daher undist einfach gehalten, so dass man es leicht mitsingen kann».
Anderen Betrachtern kommt es schlicht spießig und naiv vor. «Die Musik ist einfach nur grottig und in einem Stil, der nirgends mehr ankommt», bemerkt etwa ein Internet-Nutzer, dersich «Ernst Moritz Arndt-Fan» nennt. Der Text strotze vor Plattitüden. Daran und an den mangelnden Reimen stören sich viele. Dazu bemerkt «Karl aus dem Kasten»:«Reim dich, oder ich fress dich.» Der Nutzer «TriBlade» vermutet: «Das kommt von der Partei die Linke. Ich kann förmlich Honi und Erich winken sehen, die Partei,die Partei hat immer …»
Solche Kommentare beirren Rudorff nicht. Er vermutet dahinter schlicht eine Abwehrreaktion von Linken, die alles ablehnen, was von der Union komme. Das Video habe er aus dem Netz genommen, weil»jeder vierte oder fünfte Vergleich mit der NPD oder der HJ zu tun hatte. Das hat mich als Künstler verletzt.« Er stamme aus einer Familie, die sich stets gegen totalitäreSysteme engagiert habe.
Was einen Teil der Netzgemeinde zu drastischen Vergleichen animiert hat, ist offenbar die Strophe: «Wir lieben unser Heimatland / vom Allgäu bis zum Nordseestrand / gemeinsam haben wir eingroßes Ziel.» Sie provoziert beispielsweise Vergleiche mit der ersten Strophe des Deutschlandlieds. Eine überwältigende Zahl solcher Kommentare drängt sich derzeitallerdings nicht auf.
Ist das Video eher der Sorge vor einer Urheberrechtsverletzung zum Opfer gefallen? Der Refrain des tragenden Songs erinnert an den Hit »Down by the River« von Albert Hammond. »Nein,ganz sicher nicht«, sagt Hobbymusiker Rudorff. Es gebe zwar einige ähnliche Harmoniefolgen. Aber das sei in der Popmusik üblich. Rudorff betont: »Ich habe sehr darauf geachtet,dass es da keine Schwierigkeiten geben kann.«
Der Berliner JU-Geschäftsführer Daniel Cywinski will sich zu dem Video nicht äußern. Rudorff, der sein Werk eigenen Angaben zufolge nach Absprache mit Parteifreunden aus dem Netzgenommen hat, zweifelt inzwischen daran, ob das richtig war. Der Nachrichtenagentur ddp sagte er: »Ich überlege, ob man es nicht wieder reinstellen sollte.« Im Internet war das Videoam Freitag ohnehin schon wieder zu finden. Nutzer hatten das Original gespeichert und es wieder verfügbar gemacht.
(ddp)
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