WikiLeaks lässt tief blicken

Seitdem WikiLeaks die ersten Depeschen des US-Außenministeriums veröffentlicht hat, sind inzwischen einige Monate vergangen. Da wird es Zeit, zwischen Teflon-Merkel und den wirklich interessanten Dingen Bilanz zu ziehen – ein Kommentar mit Faktencheck!

Durch die WikiLeaks-Depeschen wurde in der jüngsten Vergangenheit nicht nur bekannt, wie amerikanische Diplomaten über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) oder Außenminister Guido Westerwelle (FDP) denken, sondern auch, welche Verbrechen an der Menschheit wissentlich vom Westen unter den Teppich gekehrt werden bzw. wurden. Zu diesen Verbrechen zählen auch völkerrechtswidrige Handlungen der israelischen Regierung an der Bevölkerung des Gaza-Streifens. Seitdem sich das Volk in der Wahl 2007 nicht für die Fatah, sondern für die Hamas entschieden hat, werden die Menschen im Gaza-Streifen wie in einem großen Gefängnis gehalten. Die Arbeitslosenquote beträgt 70 Prozent und bildet damit die traurige, weltweite Spitze – in der deutschen Medienlandschaft ist über diese und weitere Tatsachen leider nicht einmal der Hauch einer Spur zu erkennen.

Embargo-Pläne in US-Botschaft heiß diskutiert

„Als Teil des gesamten Embargoplans gegen Gaza haben israelische Offizielle mehrmals bestätigt (Anm. der Redaktion: gegenüber der US-Botschaft in Tel Aviv), sie haben die Absicht, die Wirtschaft des Gaza am Rande des Zusammenbruchs zu halten, ohne sie über den Rand zu stoßen“, steht in der Depesche vom 3. November 2008 von der US-Botschaft in Tel Aviv, Israel, an das Außenministerium in Washington. Weiter heißt es, dass Israel die Wirtschaft des Küstenstreifens auf dem tiefst möglichen Niveau halten will, sodass sich gerade noch so eine humanitäre Krise vermeiden ließe. Auch der Geldfluss soll, so die Depesche, auf ein absolutes Minimum eingeschränkt werden: „Gaza soll gerade genug Geld erhalten für die Grundbedürfnisse der Bevölkerung, aber es gibt kein Interesse, die Wirtschaft des Gaza in einen normalen Zustand des Kommerz und der Geschäftstätigkeit zurückzubringen.“

Das Elend der palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Streifen ist seit dem Embargo gegen den Küstenstreifen enorm und die Arbeitslosigkeit mit 70 Prozent auf einem traurigen Rekordhoch. Werkstätten und Fabriken bekommen keine Rohstoffe zur Verarbeitung und sind entweder geschlossen oder durch den Krieg völlig zerbombt. Gebäude lassen sich wegen des chronischen Mangels an Baumaterial gar nicht sanieren, wodurch einfache Menschen gezwungen sind, äußerst primitiv und ohne sanitäre Einrichtungen zu überleben.

Trümmerwüste in Gaza

Im Grunde genommen kann man den gesamten Gaza-Streifen als ein riesiges Gefängnis betrachten – denn neben den überlebenswichtigen Gütern, die von israelischer Seite am Durchkommen gehindert werden, sind die Menschen im Gaza-Streifen auch völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Der Westen und die gesamte Weltgemeinschaft schaut dabei tatenlos zu. Depeschen zeigen: anders, als man dem Normalmenschen verklickern möchte, wusste die internationale Gemeinschaft um die Situation am Gaza-Streifen. Die Original-Depesche der US-Botschaft in Tel Aviv mit weiteren spannenden Enthüllungen findet ihr hier.

Nur ein Beispiel von vielen

Diese Depesche ist exemplarisch für viele weitere, die die diplomatischen Wahrheiten enthüllen. Und sie zeigen auch, dass es um viel mehr geht als um das, was deutsche Medien über die Depeschen nach außen durchdringen lassen: nicht nur Staatsmänner (und Frauen) werden von US-Diplomaten durchleuchtet und beurteilt – das wäre nämlich tatsächlich harmlos und kaum der Rede wert – auch das Geschehen in den jeweiligen Ländern der Auslandsvertretungen wird durchaus diskutiert und erörtert. Es geht dabei auch oft, aber nicht ausschließlich um Verbrechen an der Menschheit, die jahrelang unter den Teppich gekehrt wurden und dank WikiLeaks endlich ans Tageslicht gelangen.

An der Brisanz dieser Dokumente – und die schlichte Tatsache, dass jeder darauf zugreifen kann – lässt sich darüber hinaus ablesen, warum die US-Regierung so ein ausgeprägtes Interesse daran hat, WikiLeaks mundtot zu machen. Den Amerikanern gehen – als Nebeneffekt – auch „US-freundliche“ Diktaturen in den arabischen Ländern verloren. Schließlich führten WikiLeaks-Depeschen erst kürzlich dazu, dass sich ein ganzes Volk gegen eine ungerechte und menschenverachtende Diktatur auflehnte: Richtig – die Rede ist hierbei von Tunesien.

Traurig an der ganzen Geschichte ist jedoch, dass die Massenmedien diese Erkenntnisse nicht in dieser Weise hervorheben. Sie erfüllen, gerade in den westlichen Sphären, mehr den Job eines Hofberichterstatters, die der Öffentlichkeit nur das präsentieren, was tatsächlich uninteressant ist. Das Resultat einer solchen Berichterstattung ist einfach: die Menschen fangen an zu Glauben, dass an den Dokumenten gar nichts interessant ist. Die Medien versagen hier also vollkommen in ihrer Rolle als „vierte Gewalt“ in der Demokratie.

In der deutschen Medienlandschaft sind es daher zumeist Blogger, die auf die brisanten Depeschen aufmerksam machen. Wer nach wirklichen Informationen sucht, wird nicht bei den Massenmedien fündig, sondern bei denjenigen „Spinnern“, die die Massenmedien gerne als Verschwörungstheoretiker diffarmieren.

Quelle: Schallundrauch.info| Aftenposten.no

Bilder:
(cc-by-sa) Wikileaks / Wikimedia.org
(cc-by-sa) gloucester2gaza / Flickr.com

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