Streit um Schweinegrippe-Impfung

Berlin (ddp). Die für Herbst geplante Impfung gegendie sogenannte Schweinegrippe in Deutschland hat am Wochenende einen Streit zwischen Bund und Ländern ausgelöst. Zwar bestellte Thüringen, das den Vorsitz derGesundheitsministerkonferenz innehat, stellvertretend bereits für rund 600 Millionen Euro Impfstoff, jedoch gibt es offenbar viele offene Fragen zur Verteilung und Finanzierung.

Die Länder wollen sich finanziell nicht daran beteiligen. «Wir werden sicherstellen, dass nichts an den Ländern hängenbleibt», sagte der Staatssekretär imthüringischen Gesundheitsministerium, Falk Oesterheld (CDU), am Wochenende. Es sei nicht einzusehen, dass im Fall einer Epidemie der Steuerzahler zur Kasse gebeten werde. BayernsGesundheitsminister Markus Söder (CSU) sagte: «Die Vorsorge ist eine gesamtstaatliche Aufgabe.» Deshalb müsse sich der Bund zur Hälfte an den Kosten beteiligen. «Dastehen noch harte Verhandlungen an», befürchtet Oesterheld.

Die Bundesregierung versicherte, dass die Krankenkassen für den Kauf des Serums und das Impfen aufkommen werden. Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder(SPD), sagte, die Kassen würden die Impfkosten übernehmen, die pro Person bei rund 30 Euro lägen. Jetzt sei es Aufgabe der Länder, «konkrete Impfkonzepte vor Ort» zuerstellen. «Sicher ist, geimpft werden muss so zügig und so preiswert wie möglich», sagte Schröder.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät als Vorsorgemaßnahme dazu, zunächst besondere Personengruppen, wie Menschen mit chronischen Krankheiten oder Beschäftigte imGesundheitswesen zu impfen.

Dem «Spiegel» zufolge müssen nach Plänen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die gesetzlichen Krankenkassen chronisch Kranke über ihren Anspruch informieren.Aber die Versicherungen sammelten nicht die Daten aller Chroniker. Zudem lägen über die in der Impfverordnung der Bundesregierung genannten HIV-Infizierten, Fettleibigen oder Leberkrankenkeine Kenntnisse vor, heiße es bei den Kassen. Zum anderen verfügten die Krankenversicherer zwar über Informationen zu Diabetikern, Asthmatikern, Herzkranken und Krebspatienten,dürften diese nach Einschätzung von Experten aber aufgrund des strengen gesetzlichen Schutzes von Sozialdaten nicht ohne Weiteres nutzen.

Söder kündigte an, in Bayern sollen die Impfungen vorrangig beim niedergelassenen Arzt erfolgen. Auch Gesundheitsämter würden Impfungen vornehmen. Oesterheld sagte, eventuellmüssten mancherorts auch die Krankenhäuser helfen. Er räumte ein: «Jedes Land wird anders impfen. Wir haben glücklicherweise Zeit, das bis Mitte September zuklären.»

Die Wirksamkeit des Impfstoffes wird von Experten allerdings bezweifelt. «Ein Grippeimpfstoff hat erfahrungsgemäß einen Wirkungsgrad von 50 bis 60 Prozent, das heißt, jederZweite, der geimpft wird, ist geschützt», sagte Thomas Löscher vom Münchner Tropeninstitut.

Der Virologe Alexander Kekulé rechnet mit einem dramatischen Anstieg der Infektionen in Deutschland. Er gehe jedoch nicht davon aus, dass die Erkrankungen bedrohlich verlaufen werden. DieWarnungen der Weltgesundheitsorganisation WHO, es könne sich ein «Killer-Virus» entwickeln, bestätigten sich nicht.

Laut einer Umfrage der «Welt am Sonntag» reagieren auch die Unternehmen auf die Neue Grippe. Der Softwarekonzern SAP in Walldorf erklärte: «Wir haben bereits in derVergangenheit größere Veranstaltungen auf den Prüfstand gestellt». Künftig sollen noch mehr Reisen durch Videokonferenzen ersetzt und so die Ansteckungsgefahr fürMitarbeiter verringert werden. Beim Reifenhersteller Continental in Hannover heißt es: «Wir haben bereits Reisewarnungen ausgesprochen.» Ein Pandemieplan liege bereit. Die DeutscheTelekom stattet ihre Techniker, die bei Kunden Telefonleitungen schalten müssen, mit Mundschutz und Desinfektionstüchern aus.

(ddp)

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