Berlin (ddp). Zehn Wochen vor der Bundestagswahl rechnetdie Mehrheit der Deutschen fest mit dem Wahlsieg von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Einer Emnid-Umfrage für die «Bild am Sonntag» zufolge erwarten 80 Prozent der Bundesbürger,dass die CDU-Vorsitzende wieder ins Kanzleramt einzieht. Nur 13 Prozent glauben, dass SPD-Kandidat Frank-Walter Steinmeier der nächste Bundeskanzler wird.
Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner sagte: «Wir haben seit Jahrzehnten nicht mehr eine so hohe Wahlgewinnerstimmung für einen amtierenden Bundeskanzler gemessen.» Er fügtehinzu: «Einmalig ist vor allem die geringe Siegeszuversicht unter den SPD-Anhängern.» Von ihnen glauben laut Umfrage nur 16 Prozent an einen Sieg Steinmeiers, während 84 Prozenteinen Triumph Merkels erwarten. Schöppner betonte: «Den Genossen fehlt ein zündendes Wahlkampfthema. Die SPD ist so schlecht aufgestellt wie nie zuvor und Steinmeier eben keinSchröder, der im eigenen Lager Siegeszuversicht verbreiten konnte.»
Die Juso-Chefin Franziska Drohsel wirft ihrer Partei vor, nicht in dem Maß für soziale Gerechtigkeit gekämpft zu haben, wie es viele von ihr erwartet hätten.Politikverdrossenheit betreffe zwar alle Parteien gleichermaßen, sagte sie vor allem mit Blick auf die jungen Menschen, die sich von der Politik abwenden. «Bei der SPD hängt essicherlich auch damit zusammen, dass sie in den letzten Jahren viele Menschen enttäuscht hat.»
Offen bleibt in der Emnid-Umfrage, mit welchem Koalitionspartner Merkel künftig regieren kann. Klar ist demnach nur, dass 56 Prozent keine Fortsetzung der großen Koalition wollen. Derweilwerben die potenziellen Partner in einem künftigen Bündnis im Bund, FDP und Grüne, für ihre Vorhaben im Falle einer Regierungsbeteiligung.
Die FDP strebt neben Steuersenkungen auch die rasche Aussetzung der Wehrpflicht an. FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle bezeichnete es als «absolut unfair», dass die einendienen müssten, während die anderen in dieser Zeit schon verdienen könnten. Wenn die Wehrpflicht nicht mehr gerecht organisiert werden könne, müsse die Bundeswehr in eineFreiwilligenarmee umgewandelt werden, wie es die meisten Verbündeten bereits getan hätten. Als Koalitionspartner einer künftigen Bundesregierung wolle die FDP aber unmittelbar nach derWahl die Erbschaftssteuerreform rückgängig machten.
Attacken der CSU in der Debatte um eine Koalitionsaussage wiesen die Liberalen zurück. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel betonte, seine Partei sei «Garant für eine bürgerlicheRegierung». CSU-Chef Horst Seehofer hatte zuvor von der FDP eine eindeutige Koalitionsaussage für die Union verlangt und kritisiert, Westerwelle wolle sich bislang ein«Hintertürchen» für ein anderes Bündnis offen lassen.
Die Grünen machen eine schnellere Abschaltung älterer Atomkraftwerke zur Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte:«Die Grünen werden keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der den Atomausstieg aufweicht. Im Gegenteil werden wir darauf bestehen, dass die älteren Atommeiler vorzeitig abgeschaltetwerden.» Der CSU warf Trittin vor, mit ihrer Steuerpolitik die Leute zu «veräppeln». «Steuersenkungen bei wachsenden Staatsschulden sind unseriös.« DieGrünen wollten Geringverdiener bei den Beiträgen zur Sozialversicherung entlasten.
(ddp)