Genmanipulation gegen Vogelgrippe?

Forschern ist es erstmals gelungen, das Erbgut von Hühnern so zu verändern, dass sie das unberechenbare Vogelgrippevirus H5N1 nicht mehr weiter verbreiten können. Eine Methode, die auch gegen andere Seuchen eingesetzt werden könnte – aber was sagt der Verbraucher dazu?

Gentechniker sind kleine Zauberer auf ihrem Gebiet. Können sie doch Ratten mit unterschiedlichsten Körpereigenschaften schaffen, selbst Schweine, die im Dunkeln leuchten, sind kein Problem für sie. Manche mögen jetzt denken, wie absurd solche Dinge sind, allerdings haben sie meist ernste Hintergründe – so zum Beispiel die Veränderung von Moskitos, damit diese Malaria nicht mehr weiter verbreiten können.

Kleine gentechnische Sensation?

Forscher von der University of Cambridge und der University of Edinburgh versuchen jetzt, das Erbgut von Hühnern so zu verändern, dass die Verbreitung von H5N1 gestoppt werden kann. Sie haben in das Genom des Huhns (das ist das gesamte Erbgut eines Organismus) einen künstlichen Genschnipsel eingeschleust, der in den Zellen der Hühner ein kleines Erbgutmolekül entstehen lässt. Dieses RNA-Molekül blockiert wiederum die Funktion eines wichtigen Proteins des Vogelgrippe-Virus – eine Polymerase, die für die Vervielfältigung der Viren in den Zellen notwendig ist. Sollte sich ein gentechnisch verändertes Huhn also mit dem H5N1-Virus anstecken, so können sich die Zellen nicht mehr vermehren, weil die Polymerase von dem RNA-Molekül behindert wird. Dadurch wird die Virusproduktion gestoppt und das Huhn kann den Erreger nicht an weitere Tiere übertragen. Dies könnte ein neuer Weg sein, dem H5N1-Virus den Garaus zu machen und mögliche Epidemien, ja, sogar Pandemien zu stoppen.

„Diese Forschungsergebnisse sind sehr ermutigend“
(Helen Sang aus Edinburgh)

Helen Sang aus Edinburgh, die an der Studie beteiligt war, ist zuversichtlich – möglicherweise schütze die genetische Modifikation wesentlich sicherer vor einer Infektion als eine Impfung. Auch hoffen die Forscher, dass mit dieser Methode die Gefahr einer Ansteckung des gefährlichen Virus auf den Menschen gebannt sei. Der Erreger befällt zwar hauptsächlich Vögel, allerdings kam es auch schon zu Ansteckungen beim Menschen, die durch die Auslösung schwerwiegender Atemwegserkrankungen oft tödlich endeten. Die Forscher sind sich sicher, dass die gentechnische Methode selbst Mutationen des Virus standhalte. Für Geflügelzüchter und die Geflügelindustrie klingt das alles sehr effizient. Wissenschaftler glauben daran, dass diese Verfahrensweise nicht nur im Kampf gegen die Vogelgrippe eingesetzt werden könne, sondern gehen sogar soweit, dass sie Tiere gentechnisch so weit verändern könnten, dass sie nahezu gegen jeden Virus resistent seien.

Die Forschungsergebnisse werfen aber auch viele Fragen auf. Erleiden die Tiere Schaden bei der Veränderung des Erbguts? Wie gesund ist der Verzehr von genmanipuliertem Fleisch für den Mensch? „Unsere Hühner sind nur für die Forschung gedacht, nicht für den Verzehr“, so Studienleiter Tiley. Um alle Bedenken auszuschließen, bedarf es noch einer Reihe von Untersuchungen. Als größte Hürde sehen die Wissenschaftler die Behörde, die der Zulassung des Gentech-Tieres zuerst zustimmen müssten. Des Weiteren bleibt abzuwarten, wie die Verbraucher auf diese Tiere reagieren werden, ob sie sich überhaupt vorstellen können, diese als Nahrungsmittel zu akzeptieren. Zunächst allerdings muss geklärt werden, wie groß das Problem von Virenerkrankungen in Geflügelbetrieben ist und ob sich das neue Verfahren überhaupt lohnt. Eventuell kann man auch mit verbesserten landwirtschaftlichen Methoden die Ausbreitung einer Epidemie verhindern.

Quelle: Spiegel.de

Bild:
(c) Rolf van Melis, Martin Klaus / Pixelio.de

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