Tunesien: Ausnahmezustand verhängt

Die blutigen Massenproteste, die seit Tagen immer mehr Opfer fordern, haben Wirkung gezeigt: Der amtierende Präsident Ben Ali hat die Regierung aufgelöst und den Ausnahmezustand verhängt.

Die Ereignisse in Tunesien überschlagen sich: Die Behörden riefen am Freitag den Ausnahmezustand aus, nachdem kurz zuvor Präsident Sin al-Abidin Ben Ali die Regierung entlassen hatte. Mit dem Ausnahmezustand tritt laut der offiziellen Nachrichtenagentur in Tunis auch eine auf das ganze Land bezogene Ausgangssperre in Kraft, die es den Bürgern verbietet, nachts ihre Häuser zu verlassen. Diese Regelung soll zur Not auch mit Waffengewalt durchgesetzt werden.

Blutige Proteste

Vor der Auflösung des Kabinetts war die nordafrikanische Republik bereits tagelang von teils blutigen Massendemonstrationen erschüttert worden. Offiziell wird die Zahl der Toten mit 23 angegeben, die Opposition spricht von mehr als dreimal so vielen Opfern. Vor allem Jugendliche protestieren damit gegen die schlechte Wirtschaftslage des Landes, Arbeitslosigkeit und teure Lebensmittel. Auch die Zugeständnisse des Präsidenten, er werde bis 2014 von seinem Amt zurücktreten, konnten niemand besänftigen, auch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag lieferten sich Demonstranten und Polizei im ganzen Land blutige Kämpfe, auch Todesfälle wurden registriert. Alleine in Ras Jebel im Nordosten des Landes sollen nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters zwölf Menschen ums Leben gekommen sein.

Tunesiens Präsident Ben Ali

Urlauber werden ausgeflogen

Das Auswärtige Amt in Berlin rät von Reisen nach Tunesien ab, wo sich nach Schätzungen derzeit etwa 8.000 deutsche Urlauber befinden. Einige Reisekonzerne fliegen ihre Kunden derzeit nach Hause, während andere Veranstalter dazu keine Veranlassung sehen. Zwar hatte Ben Ali in seiner Fernsehansprache am Donnerstag neben seinem „baldigen“ Rücktritt auch Preissenkungen für Brot und Milch, Gewährleistung der Pressefreiheit und Aufhebung der Internetzensur versprochen – alles Maßnahmen, die auch teilweise umgesetzt wurden. Ein Ende der Gewalt ist jedoch noch nicht in Sicht.

Flughafen abgeriegelt

Aktuell blockiert die Armee Berichten zufolge seit einigen Stunden den Flughafen der Hauptstadt Tunis. Wie die Touristen nun ausreisen sollen, ist zur Zeit noch unklar, der Reiseveranstalter Thomas Cook plant, Maschinen nach Djerba und Monastir zu schicken und seine Kunden so nach Deutschland und Österreich zurückzubringen.

Update

Berichten zufolge befindet sich Ben Ali in Saudi-Arabien, wohin er floh, nachdem ihm in Frankreich kein Asyl gegeben wurde – Präsident Sarkozy lehnte dies ab. Dies berichtete die französische Zeitung „Le Monde“. Am frühen Samstagmorgen traf Ben Ali in Dschiddah am Roten Meer ein, wo er laut den Nachrichtenagenturen SPA und AFP freundlich begrüßt wurde. Er soll sogar im VIP-Bereich des Flughafens empfangen worden sein.

Währenddessen hat der ehemalige Premierminister Mohammed Ghannouchi das Präsidentenamt gemäß der Verfassung übernommen und Neuwahlen in zwei Monaten angesetzt. Er rief das Land zur Einheit auf und plant zeitnahe Gespräche mit den politischen Führern.

Eine Rückkehr des ehemaligen Präsidenten Ben Ali wird als „unmöglich“ bezeichnet.

Quelle: Spiegel.de [1] [2] | Welt.de

Bild:
Wikimedia.org [1
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