Habt ihr gerade noch den Kampf gegen das Böse gefochten, erwacht ihr nun in den Kerkern von Vahkmaar – Viel Zeit ist vergangen seit damals, und die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Einmal mehr liegt das Schicksal Antaloors und das Leben eurer Schwester in euren Händen.
„[…] Die Geschichte unseres Landes zusammenzutragen aus bruchstückhaften Sätzen, die ich die Leute in Cathalon und New Ashos sich zuraunen hörte, führt zwangsläufig zu vielen schwer zu deutenden Elementen und widersprüchlichen Wendungen. Jedoch konnte ich auf meiner Bildungsreise eine Konstante als gesichert heraus hören: Es ist im Wesentlichen eine Familiengeschichte…“
Auszug aus „Antaloor: Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft“, aus der Feder des bescheidenen Meisters Bolo von Riclann.
„Sie war sein Gewissen, er war ihr Schwert“
Eine Familiengeschichte in der Tat. Habt ihr gerade noch den Kampf gegen das Böse gefochten, um eure geliebte Schwester zu retten, erwacht ihr nun in den dunklen Kerkern von Schloss Vahkmaar – es ist viel Zeit vergangen seit damals, und die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Eine dunkle Macht hat von eurer Schwester Besitz ergriffen und droht, ihre sterbliche Hülle zu durchbrechen. Gefangen vom tyrannischen Imperator Gandohar, der seine ganz eigenen Ziele verfolgt, nicht ahnend dass auch er nur ein Teil eines viel größeren Planes ist: Der Rückkehr des Feuergottes Aziraal. Und wieder liegen das Schicksal Antaloors und das Leben eurer geliebten Schwester in euren Händen.
„Die Welt muss verrückt geworden sein“
Die Bande zwischen den Geschwistern ist stark. Sehr stark. Während ihr langsam in den Kerkern von Schloss Vahkmaar wieder zu Erinnerungen gelangt werdet ihr zum Imperator geschleift. Er entzieht euch immer mehr eurer Kraft um die sterbliche Hülle eurer Schwester zu stärken bis er seine eigenen Pläne in die Tat umsetzen kann. Doch dann geschieht das für euch Unvorstellbare. Auf dem Weg zurück in eure Zelle erlangt ihr die Freiheit zurück. Später schreibt ihr in euer Tagebuch: „Die Welt muss verrückt geworden sein.“ Ausgerechnet ein Trupp Orks, eure ehemaligen Todfeinde, befreit euch aus den Fängen von Gandohar. Eure Schwester müsst ihr erneut zurücklassen. Noch seid ihr zu schwach den Kampf mit dem Imperator aufzunehmen. Eure Flucht an der Seite der Halbork-Assassinin Dar Pha führt euch nach Alsorna, einer kleinen Insel vor der Küste. Hier trefft ihr auf die Prophetin, die euch von einer Vision erzählen wird und euch anschließend beauftragt Gandohar zu vernichten, damit das Böse aus Antaloor vertrieben wird. Hier beginnt nun die eigentliche Reise.
Die Prophetin. Sie ist mehr als ihr zunächst auch nur ahnt.
Der Anfang
Die Installation des Spieles fand, nach Aktualisierung der Grafikkartentreiber, ohne größere Probleme statt. Auch die online Aktivierung ging schnell von statten. Eine bestehende Internetverbindung ist im Übrigen nicht erforderlich. Wie von anderen Rollenspielen bekannt, habt ihr auch in Two Worlds 2 die Möglichkeit, euren Charakter ganz nach Belieben zu gestalten. Größe, Gesicht, Haarfarbe, Bartwuchs – Eurer Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Allerdings muss euer Held, zumindest im Single Player Modus, männlich sein. Zu Beginn des Spiels wird in einer schönen Filmszene die Geschichte gezeigt, und die Ausgangssituation dargestellt. Nach diesem Vorgeplänkel wird der Spieler auf die Umgebung losgelassen und muss seine ersten Abenteuer bestehen. Je nach persönlicher Vorliebe als Krieger, Waldläufer oder Magier.
Der Charakter
Erfreulich an der Wahl der Klasse ist bei Two Worlds 2, dass man sich nicht im Vorhinein auf eine festlegen muss, die dann das ganze Spiel über bleibt. Bei jedem Stufenaufstieg erhält man sowohl Parameter-Punkte als auch Skill-Punkte. Die Parameterpunkte bestimmen das Durchhaltevermögen, die Stärke, die Präzision und die Willensstärke. Die Skillpunkte lassen sich auf verschiedene Fähigkeiten verteilen. Diese verschiedenen Fähigkeiten müsst ihr allerdings erst mit Hilfe von sogenannten Skill-Büchern erlernen. Diese gibt es von Questgebern als Belohnung, liegen offen in Regalen, oder können von Händlern für Geld erstanden werden. Dabei gibt es Fähigkeiten, die für alle Klassen von Interesse sind, wie die Alchemie oder die Handwerker-Skills. Letztere bestimmen die Fähigkeit des Charakters, Rüstungen und Waffen zu verbessern. Andere Skills sind allerdings nur für die jeweilige Klasse von Interesse. Eine Kombination von zwei Klassen ist zwar rein theoretisch möglich, bringt allerdings mehr Nachteile als Vorteile mit sich.
Ein Blick auf die Skills eines Kriegers
Da jeder während des Spieles gerne einmal mit den Möglichkeiten und Fähigkeiten der einzelnen Skills experimentiert, haben die Entwickler mitgedacht und die sogenannten Seelenmeister erschaffen. Diese helfen einem für ein paar Münzen, die Last von der Seele zu entfernen. Dadurch werden Skill und Parameterpunkte zurückgesetzt, die im Anschluss neu verteilt werden können. Allerdings sind mehrere Seelenreinigungen notwendig, um alles zurückzusetzen. So ist es nun erstmals möglich, auch während des Spielverlaufes aus einem Krieger einen Magier und umgekehrt zu machen. Ob das allerdings sinnvoll ist oder nicht lassen wir einmal dahingestellt.
Inventar, CRAFT, PAPAK und DEMONS
„Nur das Genie überblickt das Chaos.“ Im Vergleich zum Inventar des Charakters wirkt mein Schreibtisch geradezu aufgeräumt. Im Waffen- und Rüstungsinventar stapeln sich nach einiger Zeit die Waffen, Rüstungen, Gewänder, Schuhe, Handschuhe, Hosen, und Ringe. Wobei stapeln das falsche Wort dafür ist. Eine Stapelfunktion ist genau das, was man schmerzlich vermisst. Egal ob man ein Schwert oder zwölf identische Schwerter gesammelt hat. Jedes wird in einem extra Feld angezeigt, kreuz und quer verteilt, ohne erkennbare Logik. Wer hier nicht regelmäßig aufräumt, wird schnell den Überblick verlieren.
So schaut das Inventar nach einigen Stunden aus.
Gegenstände, die man nicht mehr braucht, kann man entweder bei einem der zahlreichen Händler verkaufen, oder mithilfe des CRAFT-Systemes (Complete Reshaping and Forging Technology – zerlegen und aufwerten) wiederverwenden. Je mehr Skillpunkte man in die verschiedenen Handwerker-Skills investiert hat, desto weiter kann man seine Ausrüstung mit zerlegten Gegenständen verbessern. Leider auch nur damit, denn Handwerksmaterialien kann man bei keinem Händler kaufen. So stellt es sich am Ende als durchaus lohnend heraus, jedes Haus und jede Truhe, an der man vorbeikommt zu plündern.
Egal ob nun Magier oder Krieger. Mit Hilfe des P.A.P.A.K. Systems (Portable Alchemy and Potions Assembly Kit – tragbares Alchemie- und Tränke-Kit) kann sich der Held seine eigenen Tränke brauen. Hier ist allerdings experimentieren angesagt. Rezepte lassen sich nur durch ausprobieren herausfinden. Hat man ein erfolgreiches Experiment gemacht, lässt sich das Rezept abspeichern und wiederverwenden. Leider ist es hier nicht möglich mehrere Tränke auf einmal herzustellen. Jede Flasche Heiltrank muss nacheinander gebraut werden. Auch sind die Zutaten nicht wirklich sortiert. Zudem gibt es Zutaten für Tränke mit unterschiedlichen Stärken, was die Sache nicht gerade vereinfacht. Auf den ersten Blick bietet die Funktion zwar scheinbar unendliche Möglichkeiten an Kombinationen, doch laufen diese im Endeffekt alle auf die eine oder andere „Standard-Mixtur“ hinaus.
Zu guter Letzt findet sich im Inventar noch das DEMONS (Dynamic Enchantment, Magic, Occultism & Necromancy System – System für dynamisches Zaubern, Magie, Okkultismus und Nekromantie). Hier können sich die Magier austoben. Mit verschiedenen Zauberkarten lassen sich hier die Art eines Zaubers (Feuer, Wasser, Luft und Erde) sowie seine Stärke und Wirkungsweise bestimmen. Auch hier gibt es wieder viele Kombinationsmöglichkeiten, doch auch hier sind nicht alle von Erfolg gekrönt.
Spielewelt, Charaktere und Quests
Die Welt ist auf den ersten Blick mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet worden. Eine prächtige Landschaft, die je nach Region variiert. Ob nun die Steppenlandschaft von Erimos, die tropsichen Gefilde von Eollas oder die düstere Landschaft der Swallows und der Sümpfe. Jede Region besticht durch eine eigene Vegetation, Landschaft und Tierwelt. Auch die Höhlen und alten Ruinen, die unser Held auf seiner Reise durchqueren wird, strahlen eine passende und zum Teil recht düstere Atmosphäre aus, die einem fast schon einen kalten Schauer über den Rücken jagen kann. Allerdings sind die meisten für unseren Helden so lange verschlossen, bis der richtige Questgeber gefunden wurde.
Auch die Städte und Dörfer sind schön hergerichtet. Entgegen vieler anderer Spiele kann man in Two Worlds 2 nahezu jedes Haus betreten, sofern man nicht gerade beim Knacken der Haustüre erwischt wird. Auch die Innenraumgestaltung der Wohnungen variiert. Allerdings fällt die begehbare Welt letzten Endes doch eher klein aus.
Die Tropische Vegetation von Eollas
Auf seinen Reisen trifft unser Held auf viele verschiedene Personen und Gruppierungen. Einige von ihnen ersuchen uns um Hilfe bei einem Problem, andere wiederrum wollen uns ans Leder. Die Dialoge bieten zum Teil vielfältige Möglichkeiten, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken, beziehungsweise eine Quest auf die eine oder auch die andere Art und Weise zu beenden. Der Spieler hat hier die Möglichkeit seine eigene Persönlichkeit und seine eigenen Wertevorstellungen ein stückweit in das Spielgeschehen einfließen zu lassen.
Um mit der Hauptquest voranzukommen, sind oftmals auch kleinere Nebenquests zu erledigen um beispielsweise das Vertrauen einer Person zu gewinnen, die weitere Informationen für dich und deine Mission hat. Daneben bieten sich dem Spieler viele Möglichkeiten, weitere Quests anzunehmen, die entweder von verschiedenen Charakteren selber, oder von Anschlagstaffeln stammen. Einige Quests beginnen auch in dem Moment, wo der Spieler eine bestimmte Stelle in der Spielwelt passiert. Diese ganzen Nebenquests sind jedoch meist für die Hauptgeschichte irrelevant, beinhalten aber oftmals eine fesselnde und interessante Geschichte. Zudem gibt es am Ende in der Regel eine nützliche Belohnung in Form von verzauberten Rüstungsgegenständen, Zauberkarten oder Auras, der Währung von Antaloor.
Ein Magier durchstreift die nächtlichen Sümpfe von Inisith
Im Großen und Ganzen sind die Quests recht abwechslungsreich gestaltet, und bieten dem Spieler viele Möglichkeiten verschiedene Entscheidungen zu treffen. Einige dieser Geschichten können sich über mehrere, aufeinander aufbauende Aufgaben ziehen, andere sind wiederum recht kurz gehalten, bergen aber zum Teil die eine oder andere Überraschung. Bei einigen der längeren Quests hätte ich mir allerdings eine Fortsetzung zu einem späteren Zeitpunkt des Spieles gewünscht.
Von Büchern, Pferden und Booten
Wer mehr über Antaloor und seine Bewohner erfahren möchte, hat die Möglichkeit sein Wissen mit Büchern zu stillen. So findet unser Held im Verlauf des Spieles viele nützliche, aber auch einen ganzen Haufen weniger nützliche Nachschlagewerke, Briefe und Notizen. Einige davon müssen wir sogar von Questgebern abkaufen und lesen, um mit einer anderen Quest voranzukommen.
Neben der Möglichkeit, die Spielwelt zu Fuß zu begehen, stehen uns in Two Worlds 2 auch noch zwei alternative Transportmöglichkeiten zur Verfügung. Auf der Insel Erimos, der Heimat der berühmten Pferdezüchter von Antaloor, kann sich unser Held auf den Rücken eines Rosses schwingen und durch die Steppenlandschaft galoppieren. Bei den großen Entfernungen die wir dort zum Teil zurückzulegen haben eine durchaus nützliche Sache. Zusätzlich besteht auch noch die Möglichkeit, unser Können zu Pferd in verschiedenen Rennen gegen die Uhr und imaginäre Gegner zu messen. Abgesehen von der etwas gewöhnungsbedürftigen Steuerung zu Pferd eine nette Sache.
Unser Held hoch zu Rosse
Wer lieber auf dem Meer unterwegs ist, hat im späteren Verlauf des Spiels die Möglichkeit, seinem ehemaligen Gefängniswächter ein Boot abzukaufen. Mit diesem kann man dann nach Herzenslust zwischen den Inseln umhersegeln. Aber aufpassen, wer nicht richtig steuert läuft schnell Gefahr zu kentern. Wie auch beim Pferd ist hier die Steuerung nicht ganz so ausgeklügelt und es wird schnell lästig, das Boot zu steuern. Zudem gewinnt man dadurch rein gar nichts. Letzten Endes nur ein spielinternes Minispiel.
Größere Entfernungen, auch zwischen den Inseln, legt man im Übrigen ganz bequem mittels Teleportern zurück.
Die Geschichte und die Big Bosses
Der Verlauf der Geschichte ist in verschiedene Kapitel aufgeteilt. Wer nicht unbedingt will, kann das gesamte Spiel durchspielen, ohne wirklich mit einer der vielen abwechslungsreichen Nebenquests in Berührung zu kommen. Die Geschichte ist recht gut aufgearbeitet und an und für sich gut und stimmig erzählt. Zumindest bis kurz vor Ende, wo es zu einer doch überraschenden Wende kommt. Allerdings steht man danach direkt dem Endgegner gegenüber und das Spiel ist zu Ende. Hier hätte man die Karten neu mischen und dem Spiel nochmals etwas mehr Reiz geben können.
Die großen Bosse, denen man am Ende jeden Kapitels gegenübersteht, stellen, bis auf den Ersten und den Letzten, keine echte Herausforderung dar. Am Ersten hab ich mir gelinde gesagt die Zähne ausgebissen und musste einige Male neu laden. Die folgenden Bosse konnten dann allerdings zum Teil einfacher gefällt werden als einige reguläre Gegner des Spiels. Der Endgegner am Ende des Spieles stellt dann allerdings wieder eine ziemlich große Herausforderung dar.
Fazit
Am Ende kann man festhalten, dass Two Worlds 2 ein Spiel ist, das mit sehr vielen guten Ideen, einer tolle Grafik, schönen Videos, sowie einer recht spannenden Hauptgeschichte und zahlreichen gut gestalteten Nebenquests punkten kann. Leider hat das Spiel aus meiner Sicht aber auch einige Schwachstellen. Über einige, wie das etwas verkorkste Inventar mit den verschiedenen Aufwertungs-, Alchemie- und Zaubersystemen kann man noch hinwegsehen. Diese sind allenfalls etwas „lästig“.
Richtig schade ist, dass die Entwickler das eigentliche Potential des Spieles nicht voll entfaltet haben. Fast scheint es so, als ob ihnen mit fortschreitender Story die Ideen ausgegangen sind oder sie die Lust verlassen hat, was eigentlich schade ist. Das Spiel könnte nämlich auf jeden Fall weitaus mehr bieten, als hier ausgeschöpft wurde. Der Umfang der verschiedenen Kapitel nimmt mit jedem Kapitel weiter ab. Die letzten beiden Kapitel habe ich ziemlich schnell abhandeln können. Insbesondere das Letzte war im Vergleich zu den ersten beiden nur ein Schatten seiner selbst und Schwups, man freut sich schon auf eine neue Richtung die das Spiel einnehmen könnte, steht man auch schon dem letzten Gegner gegenüber. Auch die Spielewelt wirkt, so gut und abwechslungsreich sie doch gestaltet ist, unterdimensioniert.
Doch trotz aller Kritik ist Two Worlds 2 ein Spiel, dass man sich auf jeden Fall guten Gewissens kaufen kann und mit dem man, sofern man nicht die Absicht hat, möglichst schnell durchzurennen, lange seine Freude haben wird. Wer zudem vor der Wahl zwischen Arcania – Gothic 4 und Two Worlds 2 steht, sollte in diesem Fall lieber zu Two Worlds 2 greifen.
Bilder:
(c) Topware.com
(cc-by-sa) Philipp Groß
Schlagworte: Antaloor, Charakter, DEMONS, Held, Inventar, Krieger, Landschaft, Magier, Quests, Skills, Spiel, Spieler, Two Worlds, Two Worlds 2