Panikmache oder Aufklärung?

Die sogenannte Schweinegrippe ist momentan das beherrschende Thema in den Medien. Nichtsweiter als purer Katastrophen-Voyeurismus oder versuchen die Medien lediglich ihren Aufgaben gerecht zu werden? Ein Kommentar.

„Verdachtsfälle in Deutschland häufen sich“ schreibt Stern.de, die Welt titelt auf ihrer Internetplattform „Mexiko-Stadt – Metropole wie aus demHorrorfilm“ und auf der Internetseite des Focus lassen sich Tipps für das Vereiteln der Grippe finden: „So schützen Sie sich vor der Infektion.“

Glaubt man vielen Medien steht die Welt kurz vor einer endzeitlichen Stimmung und ein jeder ist akut bedroht. Erstaunlich, wie schnell mögliche Katastrophen zum allseits bestimmenden Themawerden und den Alltag vereinnahmen. Teils reißerische Schlagzeilen und Sondersendungen über die Schweinegrippe prägen die aktuellen Nachrichten.

Nicht die erste vermeintliche Katastrophe

Die Liste der zu globalen Katastrophen erklärten Ereignisse ist lang. SARS, die Maul- und Klauenseuche, die Vogelgrippe oder BSE. Eine unvergleichliche Medienhysterie machte sich bei allenThemen breit und die Thematiken versanken nach wenigen Wochen bereits wieder im Nirvana der Schlagzeilen und aus dem öffentlichen Bewusstsein. Wer macht sich schon heute noch Gedanken überdas gerade gekaufte Rindfleisch.

Auch die lange Zeit, teilweise gerechtfertigte, Omnipräsenz der Klimakatastrophe ist aus der öffentlichen Wahrnehmung zumindest fürs Erste wieder verschwunden. Die Erwähnung, dassder fast abgelaufene April der wärmste seit mehr als einhundert Jahren war, findet nur am Rande noch Erwähnung.

Ernst nehmen, aber keine Hysterie

Mit Sicherheit dürfen Ereignisse und Bedrohungen, wie die sogenannte Schweinegrippenicht unterschätzt und von der internationalen Gemeinschaft als unerheblich abgestempelt werden. Konkrete Verdachtsfälle müssen zweifelsohne entsprechend isoliert behandelt werden, umdie Möglichkeit einer weiteren Verbreitung der noch zu großen Teilen unerforschten Viren zu unterbinden und Menschenleben zu schützen.

Eine Panikmache, wie aktuell durch viele Medien geschehen, ist aber alles andere als förderlich. Jeder Todesfall durch die Grippe ist tragisch, doch steht die Berichterstattung in keinerleiRelationen zu anderen Themen. Der Berliner Virologe Detlev H. Krüger stellte klar: „Im Schnitt sterben in Deutschland pro Jahr bis zu 20.000 Menschen an der „normalen“jährlichen Grippe. An der Schweinegrippe sind gegenwärtig nur einige Dutzend verstorben. Wenn man das ins Verhältnis setzt, ist es wirklich unverständlich, warum jetzt eine sogroße Aufregung herrscht.“

Dennoch betont auch der Virologe die Ungewissheit bezüglich der Viren: „Es gibt schon ein Problem. Man kann bei einem neuen Erreger einfach erst mal nicht richtigeinschätzen, wie gefährlich er tatsächlich ist oder bei seiner Ausbreitung noch werden wird. Da kann natürlich schon eine ganz neue Gefahr dahinter stecken.“

Gezügelte Berichterstattung

Trotz der Ungewissheit bezüglich der Gefährlichkeit der Erreger erscheint die Berichterstattung teilweise als hemmungslos übertrieben. Zu viele Medien scheinen auf den Katastrophenzuggerne aufzuspringen. Die große Verantwortung, die sie tragen und die unnötige Panikmache scheint dem Wunsch nach Aufmerksamkeit zu unterliegen.

Informationen über aktuelle Geschehnisse und konkrete Daten und Fakten, diewissenschaftlich bestätigt und verlässlich sind, über die Entwicklung dieser Grippe oder ähnlicher Ereignisse sind für Mediennutzer unabdingbar. Die Arbeit der Medien istgrade für den Einzelnen in nicht zu überblickenden Szenarien mit Sicherheit unverzichtbar. Doch all das sollte sich in einem geordneten Rahmen und ohne die ständige Betonung dermöglichen Bedrohungen abspielen, derer sich jeder in den scheinbar so unsicheren Zeiten täglich zu erwehren hat.

Doch immerhin auf eine Sache kann man sich in der ach so turbulenten und unsicheren Zeit, die von Unglücken und Hiobsbotschaften geprägt ist, verlassen: Die nächste medial wirksameKatastrophe kommt bestimmt.

Quellen: Tagesschau.de | Stern.de | Welt.de | Focus.de

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