Internet-Zensur – Das Allheilmittel gegen Amokläufe?

Nach dem Amoklauf von Winnenden werden mittlerweile nicht mehr nur Videospiele, sondernauch Familie, Gesellschaft, Waffengesetz und mehr kritisiert. Aber auch Grundgesetz und die Freiheit des Internets bleiben nicht verschont.

Natürlich wird das moderne Hobby vor dem Bildschirm von Manchem noch immer stark angegriffen und häufig auch undifferenziert als Hauptmotivation dieser schrecklichen Tat angeführt,jedoch hört man eben von anderen Stimmen auch Ansatzpunkte, die Gesellschaft, familiären Umgang, privaten Waffenbesitz und vielerlei mehr in Frage stellen. Counter-Strike und Konsorten sindzwar schnelle Schlagzeilen, können sich aber nur noch schwer als alleiniger Buhmann halten. Die Gedanken, die manch hochrangiger Politiker hat, sollten allerdings dennoch kritisch betrachtetwerden.

So auch die von Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich derzeit stark darum bemühen muss, ihr Kanzleramt für die nächste Legislaturperiode zu sichern. Sie erhofft sichnämlich nicht nur Pluspunkte durch satte Rentenerhöhungen, sondern spricht in einem Interview mit dem Deutschlandfunk unter Anderem auch über Ideen, die Familienministerin Ursula vonder Leyen und Frankreichs Staatspräsidenten Nicolas Sarcozy genauso zusagen dürften wie manchem aufgewühltem und verunsicherten Bundesbürger, der bereit ist, Freiheit gegen einGefühl von Sicherheit zu tauschen.

Zensur als Trend – Effektivität spielt keine Rolle

Besagte Frau von der Leyen macht derzeit nämlich von sich reden, da sie sich stark für die Zensur des Internets einsetzt, um den Zugriff auf kinderpornographische Seiten zu unterbinden. Sieüberging bisher bei ihrem dahingehenden Streben jedoch einfach Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und wandte sich damit um deren Kritik, dass ihre Pläne „erheblicheverfassungsrechtliche Risiken bergen“, weshalb sie nicht von Frau Zypries mitgetragen werden könnten.

Staatspräsidenten Sarcozy wiederum kennt man in ähnlichem Kontext, da das „zivilisierte Internet“ für ihn ein „Reich ist, das es zu eroberngelte.“ Seine Pläne von einem kontrollierten Netz sollen durch Zusammenarbeit von Providern und Staat die illegalen Downloads bekämpfen – ein Plan, der ähnlich auch schonfür Deutschland angedacht wurde.

Was diese drei Politiker verbindet, ist Frau Merkels Gedanke aus besagtem Interview, der diesen Ideen sehr nahe kommt und, wie sie sagt, auch mit Herrn Sarcozy besprochen wurde. Sie erwähnte,dass sie immer wieder überlege, ob man – bezogen auf die Zensur-Ideen von Frau von der Leyen als Lösungsansatz für das Amokproblem – da „nicht doch was tunkönne“, weil es „uns letztendlich auch nicht weiterhelfen werde, einfach nur mit der Freiheit des Internets zu argumentieren“. Sollte es also tatsächlichgeschehen, dass das „deutsche“ Internet in Zukunft vom BKA beschnitten würde, bliebe es wohl nicht lange alleine bei der reinen Bekämpfung der Kinderpornographie. Viel mehr käme wohlals nächstes alles in den staatlichen Fokus, was in jeglicher Form jugendgefährdend und gewaltfördernd sein könnte. Es bestünde die Gefahr einer durch einenPräzedenzfall aktivierten Welle der Zensur.

Deutsche Erotik nur noch von 23 bis 6 Uhr

Und im Grunde rollt diese Welle sogar schon. Denjenigen, die „entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten“ wie Erotik-Webseiten die Schuld an diesem Unglück zuschiebenwollen, wird die Entwicklung im Internet gerade recht sein, denn die Zensur der deutschen Server hat bereits zugeschlagen. Seit der Bluttat von Robert S. in Erfurt 2002 arbeitet die Kommissionfür Jugendmedienschutz daran, besagte Angebote für Kinder und Jugendliche unzugänglich zu machen. Jetzt wurde schließlich das System geändert und die Sendezeitbegrenzungeingeführt, die beschreibt, dass Dienste, die ausschließlich Volljährige nutzen können sollen, nur von 23 bis 6 Uhr verfügbar sein dürfen. Allerdings ist diese Regelnatürlich nur auf deutsche Provider anwendbar und kann damit nicht vor ausländischem Material schützen.

Erst weitere und tiefere Einschnitte in den Grundgesetzen ermöglichen auch hier das Blockieren.

Quellen: Deutschlandfunk.de | Spiegel.de | Heise.de

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