Der Schauspieler, Entertainer und Sänger Harald Juhnke ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Dies teilte sein langjähriger Manager Peter Wolf mit. „Mein Mann ist eingeschlafen“, sagteJuhnkes Ehefrau Susanne (60)…
Der gebürtige Berliner hatte zuletzt in einem Pflegeheim in Brandenburg gelebt. Ende November vergangenen Jahres wurde Juhnke in eine brandenburgische Klinik gebracht – erneut traf ihn eineschwere Lungenentzündung. Von seiner Krankheit hat sich der über Jahrzehnte beliebte Star nicht mehr erholt. Juhnke war bereits im Sommer 2002 nach Komplikationen und einerLungenentzündung ins Krankenhaus gekommen. Vor mehr als drei Jahren hatten Juhnkes Ehefrau und sein Manager Wolf bekanntgegeben, daß der deutsche Unterhaltungskünstler unheilbargeistig verwirrt sei und an Demenz leide. Juhnke war über Jahrzehnte regelmäßig mit Alkoholeskapaden in die Schlagzeilen geraten. In den letzten Jahren seines Lebens hatten diese vomihm ebenso freimütig verbreiteten Probleme Berichte über Harald Juhnke dominiert. Darüber geriet seine künstlerische Leistung in Filmen und auf der Theaterbühne aus demBlickfeld der Allgemeinheit in Deutschland. Unverstanden und beliebt Damit hat Juhnke zum Teil Recht behalten, was das öffentliche Wirken seiner Person angeht: Einige Male beklagte er inInterviews, von Journalisten und Kritikern mißverstanden worden zu sein. Er selbst nannte stets Frank Sinatra als Vorbild und äußerte den Wunsch, einmal als Shakespeare-Darstellergefeiert zu werden. Dies war ihm nicht vergönnt. Denn er wählte einen anderen Weg. Obwohl Juhnke nach dem Abitur kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ein Musikstudium begann und späterSchauspielunterricht nahm, wählte er das später oft verhaßte U wie Unterhaltung statt des E für die ernsthafte Kunst. Juhnke griff zu, als er nach Engagements an Theatern inNeustrelitz und Berlin seine erste Filmrolle angeboten bekam. Fortan war die leichte Kost in Kinofilm und Fernsehen Juhnkes Metier in der frühen und mittleren Bundesrepublik. Er drehte dutzendeUnterhaltungsfilme der Genres Heimat oder Fernweh, spielte Hauptrollen in Streifen wie „Unter Palmen am blauen Meer“ von 1957. Entertainer mit Zigarre Harald Juhnke war der Entertainer fürMillionen zu Hause an den TV-Bildschirmen. Mit seiner Samstagsshow „Musik ist Trumpf“ erreichte er die höchsten Zuschauerzahlen bei Alt und Jung, einfachen und gebildeteren Menschen imdeutschsprachigen Raum. Wer erinnert sich nicht an Juhnke in feinem Zwirn, mit Fliege und Zigarre, wie er am Schluß der Gala sein Lied „Die Show ist zu Ende“ auf von Lichtbändernfunkelnden Treppen zum besten gab. Singen konnte er auch, obwohl die „B.Z.“ seinerzeit forderte, er solle sofort wieder damit aufhören. Da hatte Juhnke in den sechziger Jahren begonnen, Singlesaufzunehmen („Der schwarze Joe aus Idaho“). Nebenher spielte er sich in unzähligen und unzählig wiederholten Vorabendserien und mit Klamauk in die Herzen seiner Fans: an der Seite vonBrigitte Mira und mit Berliner Schnauze in „Drei Damen vom Grill“ in den Achtzigern oder als Sketchproduzent ohne Ende mit Eddie Arendt („Harald & Eddie“). Auf dem Gipfel seiner Karriere verliehihm 1980 die Fernsehzeitschrift „Hörzu“ zum ersten Mal die Goldene Kamera. Dies reichte Harald Juhnke noch nicht. Vielleicht wußte er aber auch nicht, was er als bloßer Rentnerhätte tun sollen. Er wisse mit sich privat wenig anzufangen, schrieb Juhnke in seiner 1998 veröffentlichten Autobiografie „Meine sieben Leben“ (Rowohlt). Im Alter ins Charakterfach Alsospielte Harald Juhnke ernsthaft und erlangte neuen Ruhm. Für sein Wirken in dem Film „Schtonk“ (1992) über den „Stern“-Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher erhielt Juhnkeim Jahr darauf den Ernst-Lubitsch-Preis. Und doch er spielte immer wieder sich selbst, oder besser: Façetten seiner ihm selbst verrückt erscheinendenPersönlichkeit. Die Hauptrolle in dem Film „Der Entertainer“ (1987) von John Osborne schien ihm auf den Leib geschrieben. Sein schräger Humor und Menschenverstand fanden ihre Ausdrucksformim „Hauptmann von Köpenick“, den er als Schuster Voigt zunächst in der Inszenierung von Katharina Thalbach am Gorki-Theater unter den Linden und darauf hin in der Verfilmung für dasFernsehen gab. Schließlich „Der Trinker“ von 1995, nach dem Roman von Hans Fallada. Harald Juhnke verkörperte hier den Alkoholiker, der sich in den Wahn und schließlich um sein Lebensäuft. Als therapeutisches Schauspiel bezeichnete Juhnke seine Paraderolle einmal im Kampf gegen die eigene Alkoholkrankheit – mehr hoffend als wirklichkeitsnah. Harald Juhnke fürchtetesich vor dieser Krankheit, ekelte sich vor sich vor dem „unrasierten alten Mann im Bademantel“, wie er zeitweise auf Titelseiten zu sehen war. Was ihn am Leben hielt und zurückbrachte, warenBühne und Kamera, Menschen für die er spielen und die er unterhalten konnte. Doch dazu reichte die Kraft in den letzten Jahren nicht mehr. „Macht euch keine Sorgen um mich“ „Macht euchkeine Sorgen um mich“, verkündete er noch im Frühjahr 2000, nach einem seiner zahlreichen, publik gewordenen Exzesse mit folgender Entziehungskur. Bald darauf machten Berichte vonSchwierigkeiten die Runde: Seine Villa im Grunewald, das Symbol des Aufstiegs vom Sohn eines Weddinger Polizisten und einer Bäckerstochter zum Publikumsstar in Deutschland, stand angeblich vordem Verkauf. Monate später, Dezember 2001, ging seine Frau an die Öffentlichkeit. Ihr Mann sei abwesend, Gespräche seien nicht mehr möglich. Susanne Juhnke sagte der Zeitschrift“Bunte“ damals: „Er ist einfach nicht mehr da.“ Viele haben ihren Ehemann bereits zu jenem Zeitpunkt beerdigt. Doch was bleibt, ist sein Vermächtnis als herausragender Künstler, der das U-wie das E-Fach beherrschte. „I Did It My Way“ hat Harald Juhnke gesungen, wie sein Vorbild Frank Sinatra.