Enslaved: Odyssey to the West

EnslavedNachdem „Heavenly Sword“ stark kampflastig war, fächert Entwickler- Studio Ninja Theory mit „Enslaved“ den Fokus nun auf und konzentriert sich zusätzlich auf Klettereinlagen und Verfolgungsjagden. Dazu kommt noch eine gelungene Inszenierung einer nicht ganz schlüssigen Story. Die perfekte Mischung oder wollten die Entwickler hier doch zu viel auf einmal?

Die aussageschwache Antwort: Jein. Im Vordergrund von „Enslaved“ steht ganz klar die Präsentation. Und die überzeugt. Bei Post-Apokalypse denken die meisten sofort an den Maßstab „Fallout“ und werden dementsprechend von der Schönheit der Welt in diesem Spiel geblendet. Statt Staub, Asche und nuklearem Abfall bedeckt neues Grün die Überreste der alten Zivilisation. Und während die Natur langsam die Erde zurückerobert, wandeln auf dieser massenweise Roboter. Die Bilder von gesunder Flora, durch die Hightech-Maschinen auf der Jagd nach Menschen streifen, sind stark und wunderbar umgesetzt.

DogPost-Apokalypse mal anders: Flora und Hightech-Fauna

Zwischen all dieser Grafikpracht spielt ihr Monkey, der die zierliche Tripitaka – kurz Trip – nachhause bringen soll. Dass sie ihn durch ein Kopfband zwingt, dass sie ihn tötet, wenn sie stirbt oder er sich zu weit von ihr entfernt, ist dabei kein unwichtiges Detail. Die beiden interagieren viel miteinander und der zweifelhafte Kopfschmuck verschafft ihrer Beziehung natürlich keinen guten Start. Manchmal mag der Sprung zwischen Angst und Bestimmtheit bei Trip vielleicht einen Tick zu stark sein, aber ab davon ist es toll, bei der Charakterentwicklung der beiden zuzusehen. Glaubhaft, emotional und immer wieder auch witzig motivieren die beiden dazu, Schwächen des Spiels zu ignorieren.

Action ohne echte Gefahr

Der Einstieg ins Spiel ist sehr entspannt und obwohl ihr ständig in Gefahr seid, habt ihr immer Zeit, euch umzusehen. Wenn Trip irgendwo wartet, während ihr mal wieder „einen Weg findet“, kommuniziert sie mit euch durch das Band. Funkt sie euch dann aber an, weil sie Angst hat, bekommt auch das größte Idyll plötzlich ein sehr gestresstes Flair. Unter dem Druck eines eingebildeten Zeitlimits sucht ihr den kürzesten Weg zu ihr zurück, um sie dann gerade so zu retten – und damit auch euch selbst. Dank der großartigen Sprecher, der guten Musik und schön abgestimmter Events ist die Angst vor dem Zuspätkommen ein echter Pulstreiber.

Monkey und Trip Dank guter K.I. sind Monkey und Trip ein tolles Team

Allein das Ende der Story ist etwas enttäuschend und lässt so manche Frage offen. Viel davon könnt ihr euch selbst zusammenreimen, aber ihr erfahrt es eben nie wirklich. Der Grundgedanke mag nachvollziehbar sein, aber der Weg dorthin und die Vorgeschichte dazu werden leider zu wenig beleuchtet. Hier liegt der Fokus dann doch auf der gemeinsamen Reise der beiden Helden und weniger auf der Welt, in der sie sich bewegen.

Vielseitig, aber nicht herausragend: das Gameplay

Rein vom eigentlichen Spielen her setzt „Enslaved“ leider keine Maßstäbe. Es macht euch vieles zu einfach und begrenzt eure Freiheit gleichzeitig oft so, dass es euch weniger wie ein Spiel, sondern mehr wie ein interaktiver Film vorkommt; ihr steuert den Held von Szene zu Szene und erlebt die Action aktiv, ohne wirklich in Gefahr zu sein – im Film stirbt der Held ja auch nicht. Die Sprungpassagen etwa sehen alle sehr gut aus, aber selbst wenn am Ende ab und zu mal eine Falle dazu kommt, sind sie nie wirklich fordernd. Das hat einen einfachen Grund: Im Gegensatz zu anderen sprunglastigen Spielen wie „Prince of Persia“ könnt ihr nicht daneben springen. Versucht ihr es, passiert einfach gar nichts. Und selbst niedrige Kanten können ein großes Hindernis sein und so den Spielfluss ins Stocken bringen, wenn ihr nicht an der richtigen Stelle steht – die ist mal recht groß, aber immer wieder auch viel zu klein. Dank der vielen Upgrade-Punkte werdet ihr gegen Ende des Spiels auch im Kampf Mann gegen Maschine kein Problem mehr haben, wodurch das Tempo und damit die Spannung ordentlich anzieht. Sprung- und Kampf-Passagen werden immerhin immer wieder durch Einlagen wie den Einsatz eurer „Wolke“, Schießereien und simple Rätsel unterbrochen – allesamt sehr unterhaltsam und gut getimete Abwechslung zum sonstigen Monkey-Alltag.

Monkey springt Jetzt bloß nicht fallen – ach ne, geht ja nicht

Toll ist auch, dass Trip eine wirklich coole Computer-Gefährtin ist. Sie steht weder im Weg, noch bleibt sie an Kanten hängen; sie hilft euch bei Rätseln; und sie zeichnet sich natürlich auch durch ihre Persönlichkeit aus. Komisch ist nur, dass sie manchmal nörgelt wie ein kleines Kind, damit ihr sie irgendwo entlang tragt, während sie in anderen Momenten gefährlichere Situationen alleine meistert. Allerdings ist eine derartige charakterliche Vielschichtigkeit ja auch nur menschlich. Und eben solche Emotionen soll das Spiel transportieren.

Fazit:

Natürlich werdet ihr hin und wieder sterben, aber trotzdem ist das Spiel nicht schwer. Es ist aber auch sicher nicht Ninja Theorys Anspruch gewesen, euch an eure Grenzen zu treiben. Wenn ihr nicht mit einem Mix aus „Prince of Persia“ und „God of War“ rechnet, sondern euch vor allem auf die sehr schöne Inszenierung einlasst, kann euch „Enslaved: Odyssey to the West“ sicher einige Stunden lang mit seiner Welt und den cool gestalteten Charakteren verzaubern, während ihr sie Sprung für Sprung nachhause führt.

Bilder:
© NAMCO BANDAI Games

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