Hacker erobern Kinect

Das neue Prestigeprojekt aus dem Hause Microsoft wird von findigen Hackern für geniale Ideen zweckentfremdet. Nach anfänglicher Drohung gegen solche „Hackings“, steht der Software Gigant dem Ganzen nun aber freundlich gegenüber und lobt fantasievolle Pixelkrieger.

Der Ton war harsch von Microsoft, nachdem erste Videos auftauchten, die Hacker beim Austoben ihres Ideenreichtums zeigten. Ein Unternehmenssprecher sagte, Microsoft dulde die Modifikation seiner Produkte nicht, es werde ausdrücklich vor „Herumpfuscherei“ gewarnt, man arbeite „eng mit den Strafverfolgungsbehörden“ zusammen.

Preisgeld als Ansporn

Doch lassen sich die Hardware-Kreativen dadurch erwartungsgemäß wenig einschüchtern. Zumal ein kleines US-Unternehmen am 4. November ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Dollar auf die Treiberentwicklung zur Zweckentfremdung ausschrieb. Am 10. November konnte bereits verkündet werden, dass Kinect erfolgreich gehackt wurde. Hector, so der Name des Tüftlers, schaffte es, das 3D-Kamerasystem am Computer zum Laufen zu bringen. Sein Preisgeld möchte er in weitere Hacking-Projekte investieren. Mit dem frei veröffentlichten Treiber kann nun fast jeder sein Kinect am PC benutzen. Und da kommen die Kreativen ins Spiel, denen Tür und Tor zu ihren Ideen geöffnet wurde.

Von sehenden Robotern und farbenfrohen Marionetten

Entwickler Kreylos beispielsweise, kann sein Zimmer mit Hilfe der zwei Kameras als 3D-Modell am PC anschauen. Ein anderer hat ein Programm entwickelt, welches, nach einmaliger Eingabe, verschiedene Stofftiere voneinander unterscheiden und benennen kann. Doktorand Philipp Robbel vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) hatte auch eine geniale Idee: er befestigte ein Kinect-System auf einem Staubsauger-Roboter. Fährt dieser durch einen Raum, sendet der Saugroboter die Kamerabilder an einen Computer, der in Echtzeit ein Modell des Raumes errechnet. Aus der netten Spielehardware wurde so ein Datensammler für eine dreidimensionale Karte. Gleichzeitig reinigt er den Raum und reagiert auf Richtungsanweisungen von Personen, die vor ihm stehen.

Beeindruckend ist auch ein Beispiel zweier Künstler, die innerhalb eines Tages eine steuerbare Handpuppe entwickelten. Kinect nimmt die Gestik einer Person auf und überträgt diese auf die Handpuppe, die sofort entsprechend reagiert.

Zweckentfremdung überhaupt kein Problem

Bei diesen kreativen und innovativen Entwicklungsideen würde eine ablehnende Haltung Microsofts nur dem Unternehmen schaden. Aus diesem Grund unterhielten sich zwei Microsoft-Manager mit dem US-Sender National Public Radio (NPR). Dass es sich bei dem, was die klugen Köpfe getan haben, gar nicht um „Hacking“ im klassischen Sinne handelt, wird von Alex Kipman klargestellt. Er ist mitverantwortlich für die Entwicklung der Xbox. Man hört heraus, dass Microsoft keinen großen Wert auf den Schutz seines Systems gelegt hat. Sie hätten die USB-Verbindung bewusst ungesichert gelassen, obwohl sie natürlich wüssten, dass es Leute gäbe, die Kinect zweckentfremden würden. Dementsprechend reagiert er auch auf die Frage, ob dies denn ein Problem sei. „Nein, überhaupt nicht“, wird der brasilianische Entwickler zitiert.

Für die Manager ein riesen Erfolg: Kinect

Die Kehrtwende macht sich auch bei Shannon Loftis bemerkbar, Managerin der Microsoft Game Studios. Sie stimmt Kipmans Aussagen zu und freut sich gar, dass „Kinect die Menschen so begeistert“. Sicherlich ist dies auch dadurch erklärbar, da eine offene Entwicklungsumgebung kostenlose Weiterentwicklung des Systems auf der gesamten Welt bedeutet. Eine positive Einstellung der Offiziellen bei Microsoft stimmt aber erst mal alle Kreativen froh und in Zukunft dürfen wir wohl auf weitere nette Ideen hoffen, die nicht nur die Gameswelt verändern werden.

Quelle: Spiegel.de [1] [2] | Adafruit.com | Npr.org

Bilder:
(cc-by) litheon / Flickr.com

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