Tabakkonzerne gegen straffere Regeln

Beim Treffen von 171 Delegierten der World Health Organization (WHO) ab Montag wird über Altbekanntes diskutiert. Zum Beispiel über strengere Gesetze zu Zusatzstoffen in Zigaretten oder die Tabakbesteuerung. Doch eine starke Raucher-Lobby kämpft jetzt gegen die Einschränkungen.

Wenn ein Unternehmen Absatzverluste verzeichnen muss, stellt sich die Suche nach der Kausalität oft als gar nicht so einfach heraus. Da kann die Zahlungskraft der Kundschaft nachlassen, das Marketing dringt nicht bis zum Klientel durch oder das Verständnis des Produktes schwindet unter den Konsumenten. Die Tabakindustrie hat es leicht, lässt sich doch ein verminderter Tabakkonsum der etablierten Märkte durch alle drei Kriterien erklären. Besser sieht es da allerdings beim weltweiten Absatz verkaufter Zigaretten aus: dieser steigt nämlich pro Jahr um rund zwei Prozent.

Mit Gesetzen und Aufklärung dem blauen Dunst an den Kragen

Da nicht nur gesundheitsbewusste Politiker dieses Wachstum mit einem flauen Gefühl im Magen betrachten, lädt die WHO am morgigen Montag sämtliche Delegierte der WHO-Tabakrahmenkonvention ein, um über Pläne zu sprechen, die den Zigarettenabsatz durch Steuern und Aufklärung dezimieren soll.

f6 Zigaretten werden seit 1959 in Dresden hergestellt

Laut EU-Gesundheitskommissar John Dalli wird an einem rauchfreien Europa gearbeitet – „ein Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen“ – fordert dieser gar. Der Absatz in den westlichen Industrienationen sinkt zur Freude aller (außer der Tabakindustrie) tatsächlich. Der Verband der Cigarettenindustrie e.V., ein Verbund verschiedener Zigarettenhersteller in Deutschland, der 1948 gegründet wurde, gab seine Auflösung 2007 bekannt. Zu groß war die Lücke, die nach dem überraschendem Abgang des Zigarettenherstellers „Philipp Morris International“ im Verein klaffte. So lässt sich natürlich keine Gewinnmaximierung erreichen, dachten sich auch die Zigarettenhersteller und starten nun neue Offensiven gegen und in kleineren Ländern.

Tabakunternehmen verklagt Uruguay

Wie so eine Offensive aussehen kann, zeigt gerade Philipp Morris (PM). Nach strengen Gesetzesvorschlägen in Uruguay, es sollten 80 Prozent einer Schachtel mit Warnhinweisen bedruckt werden, klagt PM kurzerhand vor einer Schiedsstelle der Weltbank. Der südamerikanische 3,5-Millionen-Staat gab schließlich nach und versprach, einige Details des strittigen Gesetz-Entwurfes nachzubessern. Eine Reduzierung der Warnhinweise auf 65 Prozent wurde beispielsweise vorgeschlagen. Uruguays Ex-Präsident Tabaré Vázquez sprach schon von einer Erpressung durch die Konzerne und Dr. Douglas Bettcher von der WHO beklagte in der New York Times eine Ausnutzung von „Rechtsstreitigkeiten, um Staaten mit kleinerem und mittlerem Einkommen zu bedrohen“. Er verurteile zudem die energische Anwerbung neuer Kunden in den Entwicklungsländern. Ein Problem der kleinen Ländern ist zudem, dass sie meist weniger Umsatz haben, als die Konzerne. Im Beispiel von PM und Uruguay bedeutet dies einen 50 Prozent höheren Umsatz seitens PM gegenüber des 41 Milliarden Dollar großen Bruttoinlandprodukts Uruguays.

Andere Länder andere Werbegesetze

Seit dem 31. Juli 2005 gilt die EU-Richtlinie über das Tabakwerbeverbot. Untersagt ist Werbung im Rundfunk, Print und Internet. Das Sponsoring von grenzüberschreitenden Sport- und Kulturveranstaltungen ist in den EU-Ländern verboten. Die USA will nun, wie es in Belgien schon gang und gäbe ist, Zigarettenschachteln mit abschreckenden Bildern einführen. Ein solches Vorhaben ist in Deutschland allerdings noch nicht geplant, hier sind die zehn Prozent großen Warnhinweise allerdings Pflicht.

Dass aber nicht alle Länder auf der Welt solch strenge Regeln haben, zeigt das Beispiel Indonesien. Hier darf noch geworben werden wie die Tabakfirmen lustig sind. Kino- und Fernsehwerbung ist gleichfalls anzutreffen wie riesige Plakatwerbung an Straßen. In Deutschland galt vor 1974 noch kein Werbeverbot für Zigaretten im Fernsehen, weshalb eine der bekanntesten Werbefiguren in der Geschichte des Werbefernsehens entstehen konnte, das HB-Männchen. Die kleinen Filmchen warben für die Marke HB, des Tabakwarenherstellers British American Tobacco, zu einer Zeit, in der die Folgen des Passivrauchens noch nicht allzu bekannt waren, was heute glücklicherweise anders ist.

Der Tabakindustrie sind also abseits der etablierten Märkte noch genug Wege offen, um ihre Glimmstängel an den Mann und die Frau zu bringen. Dass das Rauchen das Leben gefährdet und dringend davon abzuraten ist, ist obligatorisch zu erwähnen. Wer aufhören möchte zu rauchen oder es gar nicht erst anfangen will, dem sei die Seite Help – für ein rauchfreies Leben empfohlen, die von der Europäischen Union zur Unterstützung beim Bekämpfen des giftigen Qualmes ins Leben gerufen wurde.

Quelle: Spiegel.de | Nytimes.com | Fachverbandwerbung.de

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