Nach Bekanntwerden weiterer Dopingfälle bei der diesjährigen Tour de France haben ARD undZDF einen Schlussstrich gezogen. Beide Sender ziehen sich aus der Live-Berichterstattung der Tour de France 2009 zurück. Der sportliche Wert der Tour habe sich deutlich reduziert, so dieBegründung. Ein Kommentar zum Thema.
Nach Bekanntwerden der positiven A-Proben der Gerolsteiner-Fahrer Stefan Schumacher und Bernhard Kohl sah sich bereits das Team Gerolsteiner gezwungen einen Schlussstrich unter den Radsport zuziehen. Das Team, das für die kommende Saison noch keinen neuen Sponsor gefunden hatte erklärte, man werde sich mit sofortiger Wirkung aus dem Radsport zurückziehen. Auch die ARD zog nach den beiden letzten Dopingfällen im Profiradsport ihre Konsequenzen. Der Sender steigt aus der Fernsehübertragung der Tour de France aus. Ebenso das ZDF, das die Tour nicht ohnedie ARD übertragen will. Die noch verbleibenden Zuschauer werden wohl bei Eurosport auf ihre Kosten kommen.
Die „Tour de Farce“
Wir erinnern uns an das Jahr 2006. Im Vorfeld der Tour wurden im Zuge des DopingskandalsFuentes 58 Fahrer als mögliche Dopingsünder eingestuft und von ihren Teams nach Hause geschickt. 2007 kündigten ARD und ZDF im Vorfeld der Tour an, dass man beim Bekanntwerden desersten prominenten Dopingfalls sofort die Liveübertragungen einstellen werde. Vor der zehnten Etappe wurde dann schließlich ein Dopingfall des bereits ausgeschiedenen Radfahrers PatrikSinkewitz bekannt. Die öffentlich rechtlichen Sender stiegen daraufhin mit sofortiger Wirkung aus der Tour-Übertragung aus.
„Der sportliche Wert der Tour de France hat sich aufgrund der gehäuften Dopingfälle und der daraus gewonnenen Erkenntnisse deutlich reduziert“. So begründeteder ARD-Vorsitzende Fritz Raff in einer Mitteilung den Ausstieg aus der Liveübertragung 2009. Irgendwann ist das Vertrauen in den professionellen Radsport nun mal endgültig erschöpft. Dabei kann man ARD und ZDF durchaus den Vorwurf machen, dass sie es sich in den letzten Jahren zu einfach gemacht haben.
Erst durch den Dopingskandal Fuentes haben die Sender wohl endgültig begriffen, wie es vermutlich jahrelang gelaufen ist. Ein System, das sowohl die Konkurrenz als auch Fans und Sponsoren miteiner derartigen kriminellen Energie bereits seit Jahren betrügt, muss nicht auch noch mit Sponsorengeldern unterstützt werden.
Ein richtiges Signal zur falschen Zeit
Obwohl man mit Sicherheit Zweifel an der Ehrlichkeit einiger Profis hatte, übertrugenARD und ZDF die Tour dieses Jahr wieder. Offenbar hatten sie gehofft, dem Radsport im vergangenen Jahr ein deutliches Signal gegeben zu haben, das es so nicht weitergehen kann. Das nun dasendgültige Aus kommen musste war unausweichlich. Mehrfach hatten die Sender in den letzten Jahren an den Radsport und die Veranstalter appelliert, strenger gegen das Doping im Radsportvorzugehen. Doch man muss den Sendern auch zu Gute Halten, dass sie inzwischen in ihren eigenen Reihen aufgeräumt haben.
Die ARD hat unter anderem eine Dopingredaktion ins Leben gerufen, das ZDF immerhin eine ständige Task-Force eingerichtet. Auch wurden Sendeflächen für distanzierte undhintergründige Sportberichte freigeräumt. Die Bemühungen, mit gutem Beispiel voranzugehen, sollte man den Sendern durchaus positiv anrechnen.
Doch was nützen all die guten Absichten, wenn man damit alleine auf weiter Flur steht. Bereits 2007 hat kein anderer Sender seine Übertragungen von der Tour eingestellt, noch den Sinn davonverstanden. „Unsere ausländischen Kollegen verstehen uns nicht. Die sagen: Wann immer ihr Deutschen etwas macht, macht ihr zu viel. Die denken, wir drehen bei dem Thema richtigdurch“, sagte WDR-Sportchef Simon im Sommer dazu.
Durch das medienwirksame Comeback von Lance Armstrong wird sich an dieser Einstellung auch nicht viel ändern – ganz im Gegenteil. Ein solches Comeback verspricht höhere Zuschauerquoten.Vielleicht hätten die Sender noch während der Tour ankündigen sollen, in Zukunft nicht mehr von der Tour de France zu berichten. Vielleicht wäre dieses Signal, zur richtigen Zeit,dann auch angekommen.
Deutscher Radsport bangt um Ansehen
Wie so oft leiden unter dem Fehlverhalten der Profis vor allem die Amateur- und Nachwuchssportler. Das Ansehen ist hin und der Nachwuchs dürfte ausbleiben. Längst haben die Veranstaltervon Straßenrennen vor dem Wegfall des Fernsehens gewarnt.
Keine TV-Beteiligung führt zu einem massiven Einbruch an Sponsoren. Schuld daran haben jedoch nicht die Sender, sondern der Sport selber. Immerhin haben die Sender lange zugeschaut und Vertrauenvorgeschossen. Am Ende sind sie mit ihrem Glauben an eine dopingfreie Zukunft des Radsports enttäuscht worden.
Es wird ein schwerer Weg werden, die Sender noch einmal davon zu überzeugen, dass man es mit dem Anti-Doping-Kampf ernst meint. Doch dazu ist zunächst ein wirklich ernst gemeinter Neuanfangnötig.
Quellen: dwdl.de | Spiegel.de