Don Quijote kämpfte gegen Windmühlen, Edward Norton in „Fightclub“ gegenseine imaginäre zweite Persönlichkeit und die Chinesen schießen auf Wolken. Der pikante Unterschied: Im Fall China ist das keine Fiktion. Wenn zu den Olympischen Spielen alle Augen aufden „Nabel der Welt“ gerichtet sind, will China nicht nur Menschen und Presse, sondern auch das Wetter unter Kontrolle haben.
Ein sündhaft teures Stadion, das sogenannte „Vogelnest“, hat sich China schon geleistet, um sich selbst ins rechte Licht und die andauernden Menschen- und Grundrechtsverletzungen in den Schattenzu rücken. Doch der wahre Vogel weiß: Das Nest passt am besten unter Blätter oder in eine Höhle – denn sonst fehlt das Dach. Genau das schien den Chinesen noch nicht bekannt zusein, denn das im Orignialentwurf des Bauwerks enthaltene Notfalldach wurde abgelehnt – wäre ja auch viel zu teuer.
Vom Regen in die Traufe
Dumm wäre es jetzt nur, wenn es ausgerechnet bei der Eröffnungsfeier regnen würde. Noch dümmer, weil der August der regenreichste Monat des Jahres in der Region um Peking ist.Aber was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen… pardon, im Portemonnaie haben. Die Chinesen drohen dem böswilligen Wettergott mit Artillerie und technischem Fortschritt – und da werdenkeine Kosten gescheut.
Wolken „impfen“ – wenn Bauern zu Wettergöttern werden
Mittel zum Zweck ist eine chemische Methode, die in den 40er Jahren von den USA entwickelt wurde: Silberiodid, ein Salz, wird mit Flakgeschossen oder von Flugzeugen aus in die Wolke „geimpft“. Dortlegen sich die Wassertröpfchen um die feinen Partikel und es entsteht Regen. Damit der den Athleten in ihrem Nest nicht die Show verwässert und das Publikum vertreibt, hat man um die Stadteinen großflächigen Ring von Regenabwehr aufgestellt. Bauern am großen Geschütz bieten dem Wetter die Stirn.
Ökonomie und Ökologie – so einfach wie Ying und Yang?
Und weil diese Maßnahme ja nicht nur viel naturschonender als ein Dach und auch finanziell viel lohnender ist, haben unsere fernöstlichen Freunde noch ein geradezu lächerlich kleinesVermögen in einen Hochleistungsrechner von IBM investiert, der stündlich neue Wettervorhersagen liefern soll – auf den Quadratkilometer genau. Sollte der ein oder andere den Sinn dieserMaßnahmen oder ihre ökologische Effektivität anzweifeln, so möge er sich ins Gedächtnis rufen, dass der chinesische Entscheidungsträger sicherlich eine hervorragendeSchulbildung genossen hat und daher selbstverständlich weiß, was er da tut.
Regenschutz – ganz ohne zusätzliche Kosten
Eine erfreuliche Nachricht für die Regen-Phobiker im Land der Mitte hat der deutsche Stephan Borrmann von der Universität Mainz: „Smog und Aerosole in der Luftunterdrücken Regen“. Na dann frohe Spiele, von verschmutzter Luft hat China wahrlich genug – und das ganz kostenlos. Und wenn das die dummen dächersuchenden Vögel wüssten,dann würden sie ihre Nester nicht mehr in Bäume, sondern in Fabrikschornsteinen bauen – es lebe die intelligente Rasse des Homo Sapiens, die der Tierwelt so unglaublich weit vorausist.