An der Universität in Mainz hat ein NPD-Funktionär einen anderen Studentenzusammengeschlagen. Eine Exmatrikulation wurde diskutiert, doch der Neonazi darf weiter studieren.
Die älteste Form der nonverbalen Auseinandersetzung hat an der Universität in Mainz stattgefunden. Ein Kampf wie in der Steinzeit. Mann gegen Mann und beide nutzen die gleichen Waffen, ihreFäuste. Das typische Revierverhalten von echten Männern findet ein seltsames Ende.
Auf einem Parkplatz, direkt neben der Bibliothek der Gutenberg-Universität in Mainz haben sich die Urzeitmenschen einen gigantischen Faustkampf geliefert. Die Kontrahenten sind ein 23 Jahrealter Geschichtsstudent, der aktiv bei der Antifa mitwirkt, und Mario M., 1984 geboren, Seitenscheitel. Mario M. ist in Mainz als Neonazi bekannt und stellvertretender Landesvorsitzender bei der NPDin Hessen.
Prügeln und Spucken
In der deutschen Geschichte schreiben wir den 23. Januar 2008. Die beiden sich bekannten Studenten begegnen sich in der Bibliothek für Mittlere und Neuere Geschichte. Kurz darauftrafen sich die Urzeitmenschen auf einem Parkplatz vor der Universität. Es gibt zwei Versionen.
Hier die des Mario M.:
„Diese Person sah ich dann in derUnibibliothek. Meine erste Reaktion war, dass ich ihn angespuckt habe. Gleichzeitig teilte ich ihm mit, dass wir seinetwegen von anderen Leuten verfolgt werden. Er meinte: ‚Soll ich jetzt Mitleidhaben?'“ Er habe, so Mario M. weiter, vorgeschlagen, „dann können wir das auch draußen klären. Wir gingen raus, suchten uns einenungestörten Platz und haben uns geschlagen. Dabei konnte ich einen Schlag landen, der große Wirkung erzielte, und er ging zu Boden. Nachdem er aufgegeben hatte, war die Sache für michauch erledigt. Ich habe ihm seine Mütze gegeben, ihm meinen Respekt dafür ausgesprochen, dass er sich überhaupt getraut hat, sich auf einen fairen Kampf einzulassen.“
Die Version des Geschichtsstudenten:
Die Spuckattacke schildert er ähnlich. „Das ist dafür, dass du am letzten Samstag auf der Gegenkundgebung zur NPD warst“, habe Mario M. ihm als Grund genannt. Aufdem Weg nach draußen habe er Mario M. gefragt, ob eine Schlägerei aus seiner Sicht wirklich angebracht sei. Denn Mario M. befinde sich zurzeit noch in einem weiteren Prozess wegen einerKörperverletzung, die er 2007 begangen habe. „Ist mir egal“, habe Mario M. geantwortet, ihm nach einem Wortgefecht „unmittelbar ins Gesichtgeschlagen“ und ihn „mit einem Tritt gegen den Oberschenkel zu Fall“ gebracht. Bald darauf bei der Prügelei sei er am Boden gewesen, Mario M. habe „erneut wie von Sinnen“ auf ihn eingetreten. Das Ende schildert der Antifa-Aktivist gleich: Der Rechtsextremist habe sich entfernt mit den Worten „Aber immerhin Respekt,dass du mit rausgekommen bist.“
Rauswurf?
Der Geschichtsstudent erstattete daraufhin eine Anzeige wegen schwererKörperverletzung. Er erlitt einen Riss an der Lippe, mehrere Prellungen und Abschürfungen. Außerdem habe er einen Schneidezahn verloren. Die Universität ist alarmiert und hat denFall geprüft. Nach der Schilderung der beiden Studenten wurde der Exmatrikulationsausschuss zu Rate gezogen, welcher einen Rauswurf prüfen sollte und schließlich verweigerte.
„Damit wir jemanden exmatrikulieren können, muss klar Gewalt gegen die Universität verübt werden, also der Frieden der Hochschule gestört sein“, sagteUni-Vizepräsident Jürgen Oldenstein. Schlägereien gebe es hin und wieder, allein dafür könne man niemanden der Hochschule verweisen. Außerdem ließen sich keineZeugen finden, welche die Prügelei der beiden Urmenschen gesehen haben.
Der Student mit dem Seitenscheitel wurde seitens der Universität nur verwarnt. Ob solch ein Verhalten dennoch für die Universität, für die Stadt Mainz oder das Land Hessen tragbarist, ist fraglich. Denn immer wieder finden Machtkämpfe, die das Revier des anderen markieren wollen, statt. Anscheinend leben wir näher mit den wilden Tieren und Urmenschen zusammen, alswir denken.
Quelle: Spiegel.de