Europas Bin Laden – Karadzic gefasst

Nach zwölf Jahren wurde der frühere bosnischeSerbenführer Radovan Karadzic festgenommen. Nach Angaben der serbischen Behörden war er stets perfekt getarnt. Nun wurde seine Identität als Arzt namens Dragan Dabic enttarnt.

Ein solcher Verbrecher muss wohl kaum wiederzuerkennen sein. Nach mehr als zwölf Jahren konnte Karadzic gefasst werden. Sein Äußeres hatte er mit langem weißen Haar, einemweißen Vollbart und einer Brille von Grund auf verändert. Als Beweis wurde in Den Haag, vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal, vom zuständigen serbischen Minister Rasim Ljajic ein Fotogezeigt.

Zuletzt soll Karadzic in einer privaten Arztpraxis in Belgrad gearbeitet haben. Er habe sich mit „alternativer Medizin“ beschäftigt und sei wegen seiner Tarnung bishernicht entdeckt worden. Er besaß einen gefälschten Pass, der auf einen Dragan Dabic ausgestellt war.

Eigentlich Mladic gejagt

Der Staatsanwalt für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic, sagte, dassdie Verhaftung Karadzics am Montagabend in der Umgebung von Belgrad stattgefunden hat. Seine Enttarnung sei im Zuge der Suche nach dem ebenfalls flüchtigen mutmaßlichen KriegsverbrecherRatko Mladic möglich geworden. Geheimdienste sowie die Polizei hätten Helfershelfer von Mladic observiert und sind auf Karadzic gestoßen. Während Karadzic sich von einem Versteckins nächste retten wollte, schlugen die Spezialkräfte zu und verhafteten den Kriegsverbrecher.

Sein Anwalt erhebt Einspruch

Karadzic wird vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal „Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vorgeworfen. Bisher schweigt er aber zu den Vorwürfen, denn ersoll in den 90er Jahren viele Verbrechen der Serben im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina geplant und organisiert haben. Sein Anwalt wird gegen die Auslieferung zum UN-Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag in den Niederlanden jedoch Einspruch einlegen. Die endgültige Entscheidung über die Auslieferung obliegt jedoch dem Justizministerium.

Freude in Sarajevo

In Sarajevo feierten hunderte von Menschen die Festnahme Karadzics. Im Zentrum Belgrads wurde nach der Neuigkeit die Polizei verstärkt und zusätzliche Kräfte für die Bewachungender Botschaften wurden abgestellt.

In der Welt stieß die Nachricht auf positive Reaktionen. Der französische Präsident Nikolas Sarkozy und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobten die Festsetzung von Karadzic ebenso wie EU-Spitzenpolitiker und der belgische Chefankläger des Tribunals, Serge Brammertz. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Festnahme des ehemaligen bosnischen Serbenführers als gute Nachricht für die gesamte Balkan-Region begrüßt. „Dies ist ein historischer Augenblick. Die Opfer dürfen wissen: Massive Menschenrechtsverletzungen bleiben nicht ungestraft.“

Fünf Millionen Dollar Belohnung

Seit knapp 15 Jahren war der ehemalige Serbenführer auf der Flucht. Im Jahr 1996 ist er zum ersten Mal in Bosnien gesehen worden. 1998 wurde von den USA eine Belohnung von fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt. Karadzic wird von großen Teilen der serbischen Bevölkerung immer noch als Volksheld angesehen.

Quelle: Spiegel.de

Kommentieren