Kommentar: Jamies Hühnerhölle

Da vergeht uns der Appetit: Star-Show-Koch Jamie Oliver zeigt imFernsehen, wie Hühner in der Industrie aussortiert, getötet und geschlachtet werden. Harte Realität im weichen Fernsehen.

Die süßen, kleinen Küken strecken ihre Hälse nachoben, ringen nach Luft. Währenddessen füllt sich die kleine Glasbox mit Kohlendioxid. Langsam fallen die zierlichen, gelben Körper zu Boden, die Bewegungen werden langsamer. DenTodeskampf können die Küken nicht gewinnen und nach wenigen Sekunden ist auch das Letzte erstickt. Das Ganze vor laufender Kamera.

Schockierende Bilder

Am Montag kam auf RTL2 im Abendprogramm eine Sendung, in der der Starkoch aus Großbritannien, Jamie Oliver, zeigte, wo das leckere Hühnchenfleisch, das wir so täglich essen, her kommt.In „Jamies Hühnerhölle“ setzt der Starkoch vor allem auf schockierende Bilder. Sterbende Küken, auf wenige Zentimeter gezwängte, federlose Hennen, über Kopf hängende,ausblutende Federtiere. Bilder, die man sonst nur von der Internetseite der Tierrechtsorganisation Peta kennt.

Jamie Oliver will sich für etwas einsetzen. Er möchte, dass den Verbrauchern bewusst wird, was sie eigentlich kaufen. Deswegen quetscht er die ganze Wahrheit der Hühnchenindustrie in 45 Minuten Sendung, so wie er 100 Hennen auf fünf Quadratmeter Boden quetscht. Die meisten Anwesenden, die eigentlich auf ein Galadinner hofften, wussten nicht, welche Torturen die Tiere hinter sich bringen, bis sie auf unseren Tellern landen.

Vergasen ist die sanfteste Methode

Entsprechend vergeht ihnen bei den harten Bildern der Appetit. Geschockt beobachten sie, wie die Küken ersticken, einige brechen sogar in Tränen aus. Tatsächlich ist das an der Tagesordnung: Männliche Küken werden in der Eierproduktion nicht gebraucht, weswegen sie aussortiert und mit Kohlendioxid oder Argon vergast werden. Laut eines Experten die „sanfteste, beste und ruhigste Methode“, um die unerwünschten Männchen zu beseitigen.

Nach dem Aussortieren geht es für die meisten Hennen in die beengenden Legebatterien, aus der sie schon nach etwa einem Jahr Eierlegen wieder entlassen und gekeult werden. Auf Jamies Frage hin, ob die Industrie auch ohne Legebatterien auskäme, gibt sich Andrew Joret, Besitzer einer Hühnerfarm mit Legebatterien, unschuldig: „Letztlich entscheidet beim Verbraucher der Preis.“ Und der ist bei den Eiern der eingesperrten Hühner am geringsten.

Erst betäuben, dann töten

Während Jamie dann selbst zum Schlachtermesser greift, hält die Kamera auf die geschockten Gesichter der anwesenden Gäste, die beobachten, wie der Koch ein Huhn mit einem Stromschlag betäubt und dann tötet. Dass das alles täglich von anderen Menschen durchgeführt wird und dass diese Situation durch Verbraucher, die immer billigeres Fleisch wollen, erzwungen wird, war ihnen bisher unklar. Wer will auch sehen, wo sein Essen herkommt?

Jamie gelingt über diese harten Bilder in seiner Show, zumindest den wenigen Zuschauern an den Tischen die erschreckende Situation, in der sich die Tiere oft befinden, klar zu machen. Die meisten beteuern, in Zukunft nur noch Eier und Fleisch aus Freilandhaltung zu kaufen.

Inwieweit diese Auffassung jedoch den nächsten Besuch bei Kentucky Fried Chicken überlebt, ist genauso fraglich wie die Wirkung, die sie bei den Zuschauern vor dem Fernseher erzielt. Ob schockierende Filmaufnahmen von sterbenden und leidenden Tieren wirklich das Kaufverhalten verändern können, bleibt offen.

Was meint ihr? Ist das der richtige Weg, um Leute zum Nachdenken anzuregen?
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