Damit hatten selbst Insider nicht gerechnet: Jürgen Klinsmann wird neuerTrainer beim FC Bayern München. Dort will er, ähnlich wie zu seiner Zeit als Nationaltrainer, mit einem Team von Spezialisten zusammenarbeiten und die Mannschaft so zurück an dieSpitze des europäischen Fußballs führen.
Der Vereinsvorstand des FC Bayern lud im Münchener „Arabella Sheraton“-Hotel zu einer Pressekonferenz und ließ dort eine Bombe platzen: Jürgen Klinsmann wird neuer Trainer desRekordmeisters.
Dabei will sich Klinsmann von einer Tradition seiner Vorgänger abwenden: Erwill kein „absolutistisches Trainerregime“ führen, sondern auf sein Erfolgsrezept von der vergangenen Weltmeisterschaft bauen. Der 43-Jährige wird beim FC Bayern,wie einst in der deutschen Nationalmannschaft, mehr als Teammanager denn als Trainer fungieren. An seiner Seite sorgt ein Team aus medizinischen, psychologischen und sportlichen Betreuern fürein perfektes Training der Mannschaft.
Jürgen Klinsmann wird neuer Trainer des FC Bayern München – viel mehr zu berichten gibt es derweil noch nicht. Dafür aber umso mehr zu spekulieren.
Sicher ist: Mit Klinsmanns Antritt wird der FC Bayern nahezu radikale Umstrukturierungen erleben. Der ehemalige Stürmerstar wird sich als Trainer gewiss keine Anfeindungen von Seiten desVorstandes gefallen lassen, wie sie jüngst von Karl-Heinz Rummenigge gegenüber Ottmar Hitzfeld zu hören waren. Auch wird Klinsmann durch seine Position als Teammanager Aufgaben an sichreißen, die bisher ausschließlich in den Bereich von Manager Uli Hoeneß fielen. Denkbar wäre beispielsweise ein Mitspracherecht bei der Personalplanung.
Ebenfalls sicher ist auch: Wenn Klinsmann kommt, wird Kahn gehen. Mit derVerpflichtung des gebürtigen Schwaben erweisen sich sämtliche Gerüchte über eine Vertragsverlängerung des Torwart-Titans als falsch. Eine Zusammenarbeit zwischen demehemaligen Nationaltorwart und dem Bundestrainer, der ihn einst auf die Bank verbannte, wäre auch nur schwer denkbar. Günstigerweise läuft Kahns Vertrag am 30. Juni aus – einen Tag vorKlinsmanns Amtsantritt. Den Bayern-Keeper allerdings „tangiert das nicht mehr„, ließ er in Bezug auf Klinsmanns neuen Posten verlauten.
Offen bleiben wird, wie es zu dieser überraschenden Wendung in der bayerischenTrainerfrage kam. Oder vielmehr, ob es tatsächlich eine so überraschende Wendung war. Immerhin verhandelten der FC Bayern und Klinsmann schon seit längerem miteinander und Klinsmannhatte bereits vor mehr als einem Jahr in der „Zeit“ erwähnt, dass er sich einen Trainerposten in München durchaus vorstellen könne. Es spricht also einiges dafür, dass hier keineübereilte Entscheidung vorliegt, sondern dass sich die Verantwortlichen einerseits Zeit mit der Bekanntgabe ließen und sich andererseits darauf verstanden kein Sterbenswörtchen an dieÖffentlichkeit durchsickern zu lassen.
Genug Zeit und Verschwiegenheit also um einen medienwirksamen Auftritt hinzulegen und den FC Bayern wieder zu sensationellen Schlagzeilen zu verhelfen. Solchen, die nicht mit Querelen zwischenTrainer und Vorstand oder mangelnden sportlichen Leistungen in Zusammenhang stehen.
Unsicher ist auch, ob das Klinsmannsche Erfolgsrezept, dass bei der Weltmeisterschaft so grandios aufging, auch bei einem Ligaverein funktioniert. Oder vielmehr: Bei einem deutschen Ligaverein. Oder:Bei diesem bestimmten deutschen Ligaverein – dem FC Bayern München. Während seiner Zeit in Tottenham lernte Klinsmann das System mit einem Teammanager kennen. Dort scheint es reibungslos zufunktionieren und auch beim Wiederaufbau einer maroden Nationalmannschaft geht das Konzept offensichtlich auf. Doch braucht ein Ligaverein mehr Aufmerksamkeit als eine Nationalmannschaft. Hier mussder Trainer rund um die Uhr vor Ort sein. Umso mehr, wenn er wie Klinsmann die Gewalten aufteilt.
Entscheidend ist, wer an der Seite von Jürgen Klinsmann im „Kompetenzteam“ vertreten sein wird. Besonders, wer der „neue Löw“ wird, der mehr als nur ein stiller Assistent fürAlltagsaufgaben sein muss. Der Mann an Klinsmanns Seite müsste über Erfahrung, herausragende taktische Fähigkeiten und ein klares Konzept zur nachhaltigen Weiterentwicklung derMannschaft verfügen. Als deutscher Kandidat wäre zum Beispiel Jürgen Klopp von Mainz 05 denkbar, aber genauso, wenn nicht sogar wahrscheinlich ist es, dass Klinsmann Verstärkungaus dem Ausland herbeiholt.
Hier ist der Raum für Spekulationen schier endlos und es bleibt in letzterKonsequenz auch belanglos, wer welchen Posten im „Klinsmann-Kader“ zugewiesen bekommt. Für Klinsmann und sein zukünftiges Team zählt nur eins: der Erfolg und der ist Pflicht. Das Ziellautet Champions League und dort wird man nicht, wie bei einer WM im eigenen Land, für einen dritten Platz gefeiert. Doch zum Glück ist Klinsmann ja „einfach immer füreine Überraschung gut„.