Smileys gegen Gammelfleisch

Kommentar – die Nahrungsaufnahme ist für uns von essentieller Bedeutung. Nicht selten durch einen Besuch in einem Restaurant oder, wenn es einmal schnell gehen muss, auch mal in der Imbissbude. Wir vertrauen dabei darauf, dass dort alles sauber und den gesetzlichen Vorschriften entspricht – leider ist dem nicht immer so.

2008 haben staatliche Lebensmittelkontrolleure in 126.643 von insgesamt 541.711 besuchten Betrieben Verstöße und Mängel festgestellt. Das entspricht etwa jedem vierten Restaurant oder Imbiss in Deutschland. Bei ihren Besuchen haben sie zahlreiche Fotos gemacht und seitenlange Berichte zu den hygienischen Zuständen der einzelnen Betriebe verfasst. Eine umfassende Information des Verbrauchers, in welchem Betrieb was für Verstöße festgestellt worden sind, bleiben die staatlichen Stellen uns aber schuldig. Es gibt zwar jedes Jahr einen Bericht über die Arbeit der Kontrolleure, aber in diesem werden keine Namen, sondern nur Zahlen und Fakten geliefert. Wir können also bei einem Besuch unseres Lieblingsrestaurants nur darauf hoffen, dass dieses auch wirklich alle gesetzlichen Hygiene-Bestimmungen einhält.

Andere Länder als Vorbild nehmen

In anderen Ländern sieht das inzwischen ganz anders aus. Portale im Internet offenbaren schonungslos die Vergehen der Betriebe mit nicht immer so ganz appetitlichen Beweisfotos der Behörden. Der Verbraucher kann sich dort bereits im Vorfeld eines Besuches darüber informieren, wie oft und mit welchem Ergebnis ein bestimmter Betrieb kontrolliert worden ist. Um dies bereits auf den ersten Blick ersichtlich zu machen, gibt es unter anderem Systeme mit Smileys. Lachende Smileys bedeuten gut, weinende schlecht. Einfach aber effektiv.

Öffentlichen an den Pranger gestellt, sind auch die betroffenen Betriebe unter Zugzwang. Wer möchte schon gerne mit unappetitlichen Fotos seiner Küche im Internet zu sehen sein? Erst nach erneuter positiver Kontrolle werden die Betriebe wieder aus dem Netz genommen. Warum ein solches System bisher in Deutschland noch nicht eingeführt worden ist, ist mir als Verbraucher schleierhaft. Es wird groß von Verbraucherschutz geredet und passieren tut im Endeffekt nichts, da, wie so viele andere Dinge auch, die Kontrolle von Betrieben den einzelnen Bundesländern, beziehungsweise sogar den einzelnen Kommunen selber, unterliegen.

Wenn es allerdings nach dem Willen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg geht, soll sich das bald ändern. Die genannten Bundesländer haben einen Vorschlag zur einheitlichen Kennzeichnung von lebensmittelverarbeitenden Betrieben ausgearbeitet, welcher momentan auf der Verbraucherministerkonferenz in Potsdam erörtert werden soll. Es sind zwar noch keine konkreten Maßnahmen bekannt, aber ein, wie oben beschriebenes Smiley-Modell nach dem Vorbild Dänemarks, wäre durchaus denkbar.

Berlin-Pankow als deutscher Vorreiter

In Berlin Pankow gibt es bereits ein entsprechendes Pilot-Modell, welches als erste Vorlage dienen könnte. Dort werden Betriebe, die bei der Kontrolle positiv abgeschnitten haben, mit einem lachenden Smiley und dem Slogan „Alles Sauber. Also Rein!“ ausgezeichnet. Darüber hinaus werden diese Betriebe auf einer sogenannten Positivliste genannt. Betriebe, die mehrfach schlecht abgeschnitten haben, landen hingegen mit entsprechenden Fotos auf einer Negativliste, die im Internet abrufbar ist. Ich als Verbraucher würde mir zwar ein Portal mit Suchfunktion wünschen, um gezielter nach einem bestimmten Betrieb suchen zu können, aber als erster Anfang sind diese Listen durchaus brauchbar.

Mehr Transparenz für uns Verbraucher!

Egal ob nun Schimmel in der Küche oder Gammelfleisch in der Kühlung. Eine öffentliche Nennung von Betrieben, die bei amtlichen Kontrollen durchgefallen sind, ist eindeutig im Interesse des Verbrauchers. Allerdings muss dabei auf Transparenz und Gleichbehandlung gesetzt werden. Ein fehlender Smiley darf nicht automatisch bedeuten, dass der Betrieb vergammeltes Essen verkauft. Da nicht alle Betriebe gleichzeitig kontrolliert werden können, kann dies auch einfach nur ein Indiz dafür sein, dass der betroffene Betrieb eben noch keine entsprechende Kontrolle hatte. Eine diesbezügliche Nennung der Lokalität in einer Positiv- und Negativliste als „noch nicht kontrolliert“, wäre durchaus wünschenswert. Allerdings dürfte es bis dahin noch ein weiter Weg sein und entsprechende Pilot-Projekte wie in Berlin die Ausnahme bilden. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass es lange dauern kann, bis sich alle Bundesländer auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt haben. Vielleicht haben wir aber auch Glück und es gibt Länder, die die Vorreiterrolle übernehmen und die anderen nach und nach von einem solchen Konzept überzeugt werden und ebenfalls mitmachen. Dies wäre, zumindest aus Sicht der Verbraucher, sehr wünschenswert.

Quelle: NTV.de | Berlin.de | Faz.net

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