Nach achtmonatigem Tauziehen mit den türkischen Behörden kehrt Marco W.,der diese Zeit außerdem in türkischer Haft verbrachte, nach Deutschland zurück. In Nürnberg landete der 17-Jährige abgeschirmt von den Medien mit einem Privatjet.
Um 01:27 Uhr landete die Maschine, die Marco W. zurück in die Freiheit nach Deutschland flog. Gleich im Anschluss, so berichteten Journalisten, fuhr eine schwarze Limousine vor, die Marco W. undseine Angehörigen an einen bislang unbekannten Ort gefahren hat.
Nach Angaben des Familienanwalts sollen Marco W. und seine Angehörigen nun zunächst von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden. Der größte Wunsch des Jungen sei es, so AnwaltMichael Nagel in Antalya, dass er sich erst einmal von all den Strapazen erholen kann. Dabei äußerte er den Wunsch, sich nur eine Woche lang ins Bett legen zu wollen und sich von seinerMutter pflegen zu lassen. Vorerst werden Marco W. und seine Familie allerdings nicht nach Uelzen zurückkehren: „Marco und seine Familie werden bis auf Weiteres derÖffentlichkeit nicht zur Verfügung stehen“, so der Anwalt Waldraff.
Am Freitag wurde der 17-jährige Marco W. nach achtmonatiger Untersuchungshaft in einem türkischen Gefängnis in Antalya freigelassen, nachdem eine weitere Verhandlung keine besonderenErkenntnisse brachte. Die türkische Justiz musste sich gleichwohl eingestehen, Verfahrensfehler begangen zu haben. Dies sagen zumindest einige namhafte türkische Juristen, die sich in denvergangenen Monaten mit dem Fall beschäftigt haben. Der Prozess ist allerdings trotz der Freilassung, die im Grunde nichts anderes ist als eine Haftverschonung, noch nicht zu Ende. Am 1. Aprilkommenden Jahres wird Marco W. wieder in die Türkei reisen müssen, um die Fortsetzung der Verhandlung über sich ergehen zu lassen. Ihm wird immer noch vorgeworfen, während seinesTürkeiurlaubs eine 13-jährige Britin vergewaltigt zu haben.
Stimmen gegen die Freilassung
Unterdessen versucht der Anwalt des britischen Mädchens, Ömer Aycan, die Haftverschonung in Frage zu stellen. In den Augen des Anwalts müsse Marco W. für die Dauer des Prozessesweiterhin in Untersuchungshaft bleiben, weil dies die Beweislage erforderlich machen würde. Das Urteil steht scheinbar für den Anwalt des Mädchens schon fest: Er will alles versuchen,um Marco W. wegen Vergewaltigung hinter Schloß und Riegel zu bringen. Zehn Jahre gibt es dafür in der Türkei.
Marco W. hat schon vor Monaten den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs zurückgewiesen. Er gab an, dass es in beidseitigem Einvernehmen zu Zärtlichkeiten kam. Charlotte, das britischeMädchen, solle außerdem angegeben haben, 15 Jahre alt zu sein, statt der im Raum stehenden 13 Jahre. Bereits am 6. Juli 2007 begann der Prozess gegen Marco W. vor dem Gericht inAntalya.
Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel äußerte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sehr erleichtert über die vorläufige Freilassung von Marco W.: „Ichfreue mich, dass Marco erst einmal frei ist, dass er nach Hause kann“, so die Kanzlerin. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth zeigte sich ebenfalls sichtlich erleichtert, kritisierte inder „Passauer Neuen Presse“ allerdings gleichzeitig die Vorgehensweise der türkischen Justiz: „Das war überfällig und höchste Zeit.“ Wolfgang Bosbach, derstellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU sagte: „Acht Monate Untersuchungshaft waren nach rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu rechtfertigen.“
Inwieweit das Verfahren etwas über die menschenrechtliche Reife der Türkei aussagt, bleibt abzuwarten. Jedoch scheint das Land, das sich schon stark genug für dieEuropäische Union fühlt, gerade in dieser Hinsicht noch einiges an Nachholbedarf zu haben.
Quelle: N24.de