Vor drei Wochen wurde in Mittweida, Sachsen, eine 17-Jährigevon Neonazis schwer verletzt, weil sie einem kleinen Mädchen helfen wollte. Leider wurde der Vorfall erst jetzt öffentlich gemacht.
Es war an einem Abend auf dem Marktplatz, als vier Neonazis ein kleines Mädchen aus einer ausländischen Familie anpöbelten. Eine 17-jährige junge Frau zeigte Zivilcourage undgriff ein, um das weinende Kind zu schützen. Daraufhin gingen die Männer auf sie über, rissen sie zu Boden, drei hielten sie fest, der Vierte ritzte ihr dann das Hakenkreuz imHüftbereich in die Haut. Danach versuchten die Männer der Frau mit einem skalpellartigen Gegenstand eine Rune ins Gesicht zu stechen. Allerdings konnte sich die Frau noch geraderechtszeitig aus den Fängen der Neonazis befreien und flüchten.
Erst nachdem die junge Frau sich ihrer Mutter nach über einer Woche anvertraute, brachte sie den Mut auf, um die Bande bei der Polizei anzuzeigen. Diese wartete dann noch bis zum Freitag, um denVorfall öffentlich zu machen. Die Aussagen der Frau und des Kindes sind für Polizei und Staatsanwaltschaft glaubwürdig. Nach den Angaben der 17-Jährigen wurde die Tat vonAnwohnern beobachtet, die auf ihren Balkonen standen. Die Polizei sucht jetzt nach Augenzeugen, die sachdienliche Hinweise haben. Die Männer sollen zwischen 20 und 25 Jahren alt sein, zweitrugen Jacken mit der Aufschrift „NSDAP“, einer hatte Runen auf seinen Fingern tätowiert.
Die Polizei fasste bei ihren Ermittlungen bereits einen Verdächtigen. Bei der Durchsuchung seines Zimmers in der elterlichen Wohnung fanden die Beamten unter anderem mit Sand gefüllteLederhandschuhe und einen Anstecker der verbotenen Kameradschaft „Sturm 34“. Für das Amtsgericht Chemnitz ist der Tatverdacht nicht genügend nachgewiesen und der Mann ist jetzt wieder auffreiem Fuß. Der Antrag auf Untersuchungshaft wurde abgelehnt.
In Mittweida sind Übergriffe solcher Art nicht die Seltenheit. Bereits im April wurde von Albrecht Buttolo (CDU) die Neonazi-Gemeinschaft „Sturm 34“ verboten. Einige Mitglieder dieserGemeinschaft warten noch auf ihre Gerichtsverhandlung. Nach dem Verbot für die Gruppe, die aus circa 40 bis 50 gewaltbereiten Neonazis und mindestens einhundert weiteren Sympathisanten bestand,durchsuchten 200 Beamten an die 27 Häuser und Wohnungen von Verdächtigen.
Das Ziel von „Sturm 34“ bestand darin, die Region „von den Ausländern zu befreien“. Bei den Durchsuchungen wurden damals Schreckschusswaffen, Würgehölzer,Helme, Masken, Sturmhauben, rechtsextremes Propagandamaterial, Fahnen, Handys und Computer sichergestellt. Die Beschlagnahmungen zeigen die weite Gewaltbereitschaft dieser Menschen.
Matthias Damm, Mittweidas Bürgermeister, beanstandete jetzt das Vorwärtskommen der Ermittlungen: „Stadt, Landkreis, Polizei und Innenministerium sehen Rechtsextremismus alsdas große Problem bei uns an – nur die Justiz setzt keine Prioritäten.“
Das Verschlampen der Vorladung im Gefängnis und die Tatsache, dass er von den falschen Gerichten angeklagt wurde, waren peinliche Fehler die der Justiz im Verfahren des Anführers von „Sturm34“ unterliefen. Mit dem Blick auf diese Vorfälle sagte der Bürgermeister, dass bei solch schrecklichen Vorfällen Fehler dieser Art nicht passieren dürften.
Des Weiteren äußerte er sich zu der Zivilcourage der Einwohner: „Es ist eine Schande, wenn Menschen in einem solchen Fall wegschauen.“
Seit Jahren befindet sich in Sachsen die Hochburg der Neonazis. Nach dem Einzug der NPD 2004 in den Landtag stieg die Zahl der rechtsgerichteten Straftaten an. Auch der Zulauf beirechtsextremistischen Organisationen und gewaltbereiten Kameradschaften stieg drastisch an. Die NPD hat mit 1.000 Mitgliedern den größten Landesverband und ist mit 26 Kreisverbändenüber ganz Sachsen vertreten. Immer wieder bemüht sich dieser Kreis, durch das Verteilen von Schulhof-CDs sowie durch Skinheadkonzerte die Jugendlichen für sich zu gewinnen.„Im Freistaat existieren nach wie vor die am stärksten ausgeprägten rechtsextremistischen Vertriebsstrukturen“, berichtet der Verfassungsschutz.
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