Die CSU in München hat entschieden: Mit einer klaren Mehrheit von 58,2Prozent wird Erwin Huber neuer Parteivorsitzender. Damit endet die „Ära – Stoiber“ wie erwartet und ohne Überraschungen.
München, kurz vor halb eins mittags. Der 72. Parteitag der CSU ist eröffnet und noch-Parteichef Edmund Stoiber betritt das Rednerpult. Für ihn wird esvoraussichtlich eine seiner letzten Reden auf der politischen Bühne der CSU sein. Wenigstens die letzte als Vorsitzender der Partei. Überraschend versöhnlich fallen seine Worte aus. Erspricht über seine Karriere in der Partei, über seine Familie und natürlich über die Zukunft. Mit den Worten „Gott mit Dir Du Land der Bayern“schließt Stoiber seine Ansprache und erntet großen Applaus. Es scheint, dass sein Streben nach einem versöhnlichen Abschied von Erfolg gekrönt war.
Die Stunde der Wahrheit rückt also näher. Dabei kann man inoffiziell schon von Erwin Huber als designierten Nachfolger sprechen, denn das sich am Wahltag noch eine Wende im Kampf um dieParteispitze anbahnt, ist mehr als unwahrscheinlich. Schon am Vortag sprach man innerhalb der CSU bereits nur noch von zwei Bewerbern um den Posten des Parteivorsitzes und, obwohl Hubers KonkurrentSeehofer sich enormer Beliebtheit bei der Parteibasis erfreut, sind seine Chancen auf einen Wahlerfolg doch sehr gering. Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli gilt bereits als abgeschrieben.Die 51-Jährige hatte sich im Vorfeld durch ihre kontroversen Ansichten innerhalb der Partei zu sehr ins Abseits katapultiert. Schon die Tatsache, dass sie nicht von den Mitgliedern der Parteizur Wahl vorgeschlagen, sondern ihre Kandidatur selber eingereicht hat, zeigt den mangelnden Rückhalt, den die Politikerin aus Fürth genießt.
Nachdem der scheidende Parteivorsitzende seine Rede beendet hat, betreten nacheinander Parteivize Ingo Friedrich und der Delegierte Pfister aus Breitenfüssbach in Franken die Bühne. AuchPfister spricht mit gewohntem, konservativen Selbstbewusstsein von den Vorzügen seiner Partei, ihrem quasi ehemaligen Chef und seiner Arbeit. Von seinen politischen Fehltritten ist keine Redemehr. Vergessen der peinliche Ausrutscher bei der Bundestagswahl 2002, als Stoiber selbstbewusst verkündete, man habe die Wahl bereits gewonnen und auf den letzten Metern noch von GerhardSchröder überholt wurde. Vergessen ist das Debakel um seinen Posten als Superminister in Berlin, den er 2005 extra für sich einrichten ließ und dann letztlich doch nicht antrat.Viel mehr ist die Rede von seinen Verdiensten und von dem Verlust den sein Abschied für die Partei bedeutet.
Danach kommt man zum eigentlichen Kern der Veranstaltung. Die letzten Reden der Kandidaten vor Wahl werden angekündigt. Per Los wird die Reihenfolge festgelegt, den Anfang machtBundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer.
In seiner Rede, die er frei vorträgt, spricht auch er von Werten und hebt die starke Basis der Partei hervor, bei der er so beliebt ist. Er geht auf die Bedeutung einer soliden Ehe ein und damitauch auf den Skandal um seine außereheliche Affäre, die ihn in letzter Zeit negativ in die Schlagzeilen gebracht hatte. Besonders kämpferisch ist Seehofers Rede nicht. Es scheint, alshabe er sich bereits mit einer Wahlniederlage abgefunden.
Danach folgt der von den Medien und der Partei mit Spannung erwartete Auftritt vonGabriele Pauli. Derjenigen Politikerin, die mit ihren Ansichten und Vorschlägen, wie zum Beispiel dem Konzept einer Ehe auf Zeit und ihrer hartnäckigen Kritik an dem von der CSU-Spitzegeforderten Betreuungsgeld, immer wieder für Aufruhr gesorgt und harte Kritik von ihrer Partei erfahren hatte. Als Königsmörderin und Aufmerksamkeitssüchtig wurde sie bezeichnetund eine psychiatrische Behandlung wurde ihr nahe gelegt. Auch in ihrer zwanzigminütigen Wahlrede versäumt sie es nicht, diese Themen wieder anzusprechen und für ihr Programm zuwerben. Sie greift die starren Strukturen in der CSU an, und, dass sie ihre Partei nicht wieder erkenne. Wörtlich sagt sie: „Das ist nicht mehr meine Partei.“
Nachdem sie, sehr zur Erleichterung der meisten ihrer Parteigenossen, das Rednerpult wieder verlässt, ist der letzte Kandidat und Favorit an der Reihe: Erwin Huber. Viel Neuesspricht er allerdings nicht an. Wieder einmal geht es um die gewichtige Rolle, die die CSU in der Bundesrepublik spielt, wieder einmal werden die Werte hervorgehoben, für die die Partei so starkeinsteht und zum Schluss lässt er es sich nicht nehmen, seine eigenen Verdienste und Bemühungen auf der politischen Bühne in den Vordergrund zu stellen. Huber schließt letztlichmit der Bitte nach „Vertrauen“ und „Gottes Hilfe“.
Keine aufregenden Worte, doch sie reichen für eine absolute Mehrheit von über 58 Prozent. Die Silbermedaille geht mit 39 Prozent wie erwartet an Seehofer, der das Amt als Stellvertretersofort dankbar annimmt – und Frau Dr. Pauli? Die geht mit zweieinhalb Prozent, oder umgerechnet 24 Stimmen, immerhin nicht ganz leer aus, aber es wird deutlich, wo sie in der Partei steht. Dafürgenoss sie sicherlich in den letzten Tagen die meiste Aufmerksamkeit unter den Bewerbern.
Die Veranstaltung neigt sich nach der Wahl dem Ende zu. Der neu gewählte Parteichef schlägt als erste Amtshandlung einen Ehrenvorsitz für Edmund Stoiber vor. Diese wird miteinstimmiger Mehrheit beschlossen, der abgelöste Vorsitzende darf noch einmal ans Mikro und bietet Huber seinen Rat an. Über sein neues Amt verliert Stoiber kein Wort.
Damit geht der 72. Parteitag der CSU ohne größere Überraschungen zu Ende und als Außenstehender darf man sich fragen, ob, auch wenn man ihre Ansichten nicht unbedingt teilt, undnatürlich auch mit Blick auf sie selbst, in Gabriele Paulis Worten von einer „inszenierten CSU“ nicht doch ein Quäntchen Wahrheit steckt.
Quellen: Sueddeutsche online | Zeit online | Tagesschau online