Größter Energieversorger Europas entsteht

Mit der Fusion der französischen Energieriesen Gaz de France und Suez entsteht dergrößte Energieversorger Europas. Konzipiert als Gegenpol zum russischen Gasriesen Gazprom, handelt es sich aber vor allem um eine Gefährdung für die Marktliberalisierung inEuropa.

Unter dem Namen GDF Suez soll der neue Konzern entstehen, der einen Börsenwert von rund 90 Milliarden Euro und einen Jahresumsatz von gut 72 Milliarden Euro haben wird. In Europa wird dasUnternehmen dann der größte Gasanbieter auf dem Markt sein und weltweit sogar führender Anbieter von Flüssiggas.

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Die Fusion geht noch auf den ehemaligen französischen Ministerpräsidenten Dominique de Villepin zurück. Der wollte damals verhindern, dass Suez von dem italienischen KonzernEnel übernommen wird und sich somit den Zugang zum französischen Markt sichert. Erst kurz vor dem Bekanntwerden des Fusionsvorhabens schaltete sich der französischeStaatspräsident Nicholas Sarkozy in die Verhandlungen ein und erhöhte den Druck für einen erfolgreichen Abschluss, auch um ein Instrument gegen den wachsenden Einfluss des russischenGasriesen Gazprom in den Händen zu halten. Noch Anfang des nächsten Jahres soll die Fusion komplett abgeschlossen sein. Der Staat behält danach noch rund 35 Prozent der Konzernaktien.Zuvor hielt er 80 Prozent an Gaz de France, Suez ist dagegen noch ein französisch-belgischer Privatkonzern.

Für den europäischen Markt verheißt diese Verschmelzung nichts Gutes. Anstatt durch Marktliberalisierung mehr Wettbewerb und somit niedrigere Energiekosten zu ermöglichen, wirdder Markt nun zunehmend monopolisiert. Zudem stehen die Chancen hoch, dass andere Länder dem Vorreiter Frankreich nachziehen und selbst darauf hinarbeiten, durch Konzernfusionen den nationalenEnergiemarkt gegen Einflüsse von außen abzuschotten.

Die betroffenen Unternehmen müssen selber abwägen, ob eine abermalige Prüfung (der Einhaltung der europäischen Wettbewerbsregeln) notwendig ist. Bis jetzt habenwir noch keine Informationen erhalten. Aber sie werden ihre Hausaufgaben machen. Sollten nach der Fusion Konditionen sichtbar werden, über die wir nicht informiert wurden, können wir einBußgeld erheben. Das kann bis zu 10 Prozent des weltweiten Umsatzes des übernehmenden Unternehmens sein„, heißt es vonseiten der EU-Kommission. Sie bringt damit zum Ausdruck,dass die Fusion durchaus nicht blind abgenickt werden darf.

In Deutschland stößt das Projekt weitgehend auf kritische Stimmen. So sorgt man sich beim Bundesverband der Verbraucherzentralen um den innereuropäischen Markt, der jetzt einStück mehr geschlossen worden sei. Auch in Bezug auf die Verhandlungen zur Marktlockerung innerhalb der EU sieht man sich vor den Kopf gestoßen. Ein erfolgreicher Abschluss scheint somit inweite Ferne gerückt.

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In der Tat wird die nun stattgefundene Fusion der beiden französischen Energieversorger kein gutes Licht auf die Liberalität des europäischen Marktes werfen. Zwar wird damitdie internationale Position für die Gasbeschaffung vor allem im Vergleich zu Gazprom gestärkt. Damit ist der Fundus der positiven Argumente aus europäischer und auch aus deutscherSicht erschöpft. Seit langer Zeit wird sich – zu Recht – über die Preispolitik der großen Energiekonzerne beschwert, die für den einzelnen Verbraucher ständigunverhältnismäßig hohe Preisanstiege zur Folge hat.

Im Fortgang der Geschichte zeigt sich der beinahe schon zum Kampf ausgeweitete Streit um die Zerschlagung der Energieriesen als harte Nuss. Durch den Einfluss der Lobbys auf die Politikverzögern sich konsequente Handlungen stets aufs Neue. Kleine Anbieter haben kaum Chancen.

Der geglückte Deal in Frankreich ist nun Wasser auf den Mühlen der Energieverbände. Aus Furcht vor zu viel Einfluss der neuen GDF Suez auf den nationalen Energiemarkt wird die Politikmit wieder erstarkter Unterstützung nun erst recht die Marktliberalisierung überdenken. Als Gegenpol wird es aller Voraussicht nach einen Trend zur Rationalisierung des Marktes geben, alsogenau das Gegenteil der Liberalisierung. Die Zahl der Energieversorger wird abnehmen, die Preise für die Energie werden aber deutlich zunehmen.

Die Chancen für einen gegenteiligen Verlauf stehen indes schlecht, handelt es sich bei der Fusion doch um ein Kind von Sarkozy höchstpersönlich. Auf europäischer Ebene hat er mitseinem nationalen Vorstoß eimerweise Sand in das Getriebe der Verhandlungen gekippt. Eine Einigung wird sich unter diesen Umständen wohl kaum erzielen lassen, denn Frankreich wird sicherwartungsgemäß querstellen, um den jüngst eingefädelten Deal auch auf keinen Fall zu gefährden.

Quellen: Spiegel online | Zeitonline

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