Am Dienstag hat Google bekannt gegeben, dass Street View in Deutschland noch in diesem Jahr starten wird. Die 20 größten deutschen Städte sollen dann in der Straßenansicht zu finden sein. Bedeutet dies das Ende jeglicher Anonymität?
Menschen, welche in den Städten Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart oder Wuppertal wohnen, können zukünftig ihr Haus online begutachten und einen Rundgang durch die Umgebung veranstalten.
Ein genauer Starttermin ist für die scharf diskutierte Straßenpanoramaansicht noch nicht bekannt, aber nach der dreijährigen Planungs- und Realisierungsphase ist die dreidimensionale Fotoansicht nicht mehr weit von uns entfernt.
Widerstand
Wer sich strikt gegen die öffentliche Darstellung seines Heims wehren möchte, kann Einspruch einlegen. Ab kommenden Montag kann per Post oder der Webseite von Google Street View für vier Wochen die Aufforderung, das eigene Haus unkenntlich zu machen, erteilt werden und auch ein Widerspruch genügt, um einen ganzen Häuserblock auf der Ansichtskarte verschwinden zu lassen. Vermieter und Mieter sind gleichermaßen berechtigt, Einspruch einzulegen und auch nach Ende der Frist verspricht Google, Anträge auf Unkenntlichkeit weiterhin zu bewilligen.
Doch betrachtet man diese zuvorkommende, freundliche Unterstützung von Google, sich gegen das Projekt „Street View“ zu wehren, so kommt einem doch der Gedanke des Misstrauens. Läuft der Einspruch wirklich so reibungslos ab? Was kann durch die detaillierte Straßenansicht an Informationen an Personen weitergegeben werden? In wie weit bleibt die Privatsphäre gewahrt?
Was spricht dafür?
Auf den ersten Blick vermutet man die Anzahl an Fürsprechern für Google Street View als schwindend gering. Doch dies ist nicht der Fall. Die Übersichtlichkeit und Genauigkeit der Straßenansicht bietet ihre Vorzüge und so ist die Prognose für die Nutzung von den Ansichtskarten vergleichsweise hoch angesetzt.
Der Großteil der Nutzer verwendet Street View, um sich Urlaubsdomizile genauer anschauen zu können, damit sie somit exakter planen können, wohin die Reise gehen soll. Auch das Argument, die Lage und Umgebung besser einschätzen zu können, unterstreicht die Nützlichkeit der Fotoansicht. Ob Parkplätze gesucht werden oder Ausflugsziele genauer betrachtet werden sollen – Street View macht dies möglich, da es einen dazu befähigt, sogar Rundgänge durch die Straßen zu machen, um ein genaues Bild über die nähere Umgebung zu erhalten.
Wer also vorhat, künftig in ein neues Heim zu ziehen, könnte sich ein relativ konkretes Bild über Lage und Nachbarschaft, Baustil und Straßen, Natur und Fuhrpark der baldigen Nachbarschaft machen. Aber fällt in dieser Aussage nicht bereits auf, welche Schwachstellen Google Street View birgt?
Was spricht dagegen?
Die Straßenpanoramaansicht kann als Eingriff in die Privatsphäre verteufelt werden, aber ist dieser Einwand auch berechtigt? Wenn man sich überlegt, dass nicht nur das Haus in detaillierter Außenansicht, sondern auch der dazugehörige Fuhrpark erkenntlich ist, so besteht schon der erste Eingriff in die Privatsphäre. Bedenkt man dann noch, dass man realitätsnah durch die Straßen spazieren kann, so läuten die Alarmglocken.
Für Einbrecher ein leichtes Spiel, sich genauer über Umgebung, Fluchtmöglichkeiten und bewohnte Gebiete zu erkundigen – Google Street View bildet eine Fundgrube an Informationen für jedermann. Der Kontrollverlust ist hierbei wohl das größte Übel. Die Nachbarschaft kann beäugt werden, das private Grundstück wird zum öffentlichen Platz.
Der Ärger manch betroffener Personen ist verständlich. Doch gibt es ja die Möglichkeit, der Fairness halber Einspruch zu erheben und sich aus dem Informationspool „Google Street View“ zu verabschieden. Doch betrachtet man den Weg dahin, so lässt das dubiose Verfahren erneut Wut entstehen.
Wie der Einspruch funktioniert
Relativ unkompliziert ist der erste Schritt in die Anonymität: Per Post oder auf der Webseite von Google Street View kann das Haus markiert und mit der Bitte nach Unkenntlichkeit versehen werden. Allerdings reicht das für Google nicht aus. Anschließend müssen Name und Adresse, eine der persönlichsten Datenangaben schlechthin, mitgeteilt werden, da Google jeden Widersacher persönlich um eine weitere Bestätigung bitten wird. Somit wäre dann auch der Datenschutz wieder im Rennen, was die Schädlichkeit von Google Street View angeht. Inwiefern der Datenschutz gewahrt wird, lässt sich wie in allen Bereichen des Internets nur vermuten.
Letztlich ist es jedem selbst überlassen, ob er die Fotoansicht seines trauten Heims als Eingriff in die Privatsphäre empfindet aber insgesamt gesehen könnte das System von Google Street View und dessen Folgen schon als Verminderung der Privatsphäre gewertet werden. Unter dem Aspekt, dass Google Maps bereits Satellitenbilder bereitstellt, die einem zumindest aus der Vogelperspektive Überblick über Stadt, Land und Fluss bieten, kann man die Nützlichkeit von Street View bezweifeln.
Die Entwicklung der Einsprüche wird Einblick darin geben, in wie weit sich Menschen in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühlen. Aber gerade in Zeiten, in denen der technische Fortschritt boomt und Medien immer gefährlicher werden, was den Verbraucherschutz betrifft, wäre es an der Zeit, Vorsicht walten zu lassen.
Wenn Ihr auch eine persönliche Meinung über Google Street View habt und mitdiskutieren wollt, dann verewigt Euch einfach in den Kommentaren!
Quellen: Spiegel.de, Heise.de
Bilder:
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