Soldat mit Elektroschocks gefoltert

Mit heruntergelassenen Hosen und Stromschlägen an den Waden gefoltert: SolcheSzenen erinnern an das Gräuelgefängnis Abu Grahib, doch es ist nicht dort geschehen, sondern direkt vor der eigenen Nase – in Deutschland.

Ein Ausbilder der Bundeswehr hat heute gestanden, einen Rekruten bei einer gespielten Geiselnahme im Keller der Kaserne Coesfeld auf diese Art und Weise verhört zu haben.

„Größte Dummheit meines Lebens“

Der ehemalige Oberfeldwebel bereut seine Tat. Er hatte beantragt, Berufssoldat zu werden, doch dies wurde ihm verwehrt, nachdem die Vorfälle bekannt geworden waren. Somit hatte er sich selbstseine Militärkarriere ruiniert: „Es war die größte Dummheit meines Lebens“, gestand er vor dem Landgericht Münster.

Ein Stromschlag beendete das Verhör

Bei der simulierten Geiselnahme hatte er einem Rekruten zwei Kabel eines Stromerzeugers für ein Feldtelefon an die Wade gehalten, während ein anderer Soldat den Strom langsam aufdrehte. DerAngeklagte konnte sich jedoch nicht erklären, wie dieser Stromerzeuger in den Keller kam. Um den Schlag spüren zu können, hätte er aber selbst seine Finger an die Kabel gehalten.Der Rekrut hätte mit einem „Ui“ reagiert und sei leicht zusammengezuckt. Es sei aber bei diesem einen Stromschlag geblieben, damit war das Verhör beendet.

Der originale Stromerzeuger wurde im Gerichtssaal vom Richter „getestet“. Laut diesem wäre der Stromimpuls etwa mit der Stärke eines „Griffs an einen Weidezaun“vergleichbar.

Der Rekrut musste zudem die Hosen währen der Befragung herunterlassen, um die Ausbilder nicht mit den Füßen attackieren zu können. Zudem seien mehrere Rekruten mit einerKübelspritze nass gespritzt worden. Die Zugführer hätten das Verhör nicht live vor Ort mit verfolgt.

Auch andere Ausbilder angeklagt

Neben dem ehemaligen Feldwebel stehen auch 16 andere Ausbilder des Instandsetzungsbataillons Coesfeld vor Gericht. Im Sommer 2004 sollen sie 163 Rekruten bei insgesamt vier simulierten Geiselnahmen misshandelt und entwürdigt haben.

In der vergangenen Woche hatte ein Angeklagter bereits die Misshandlung von Rekruten durch die oben erwähnte Kübelspritze gestanden. Damit sei einigen Rekruten während einer Befragung in einer Sandgrube der Mund geöffnet und Wasser hineingespritzt worden. Einigen sei auch Wasser in Hosen und Nacken gepumpt worden, anderen hätte man zusätzlich noch die Nase zugehalten.

Zugführer plädieren auf unschuldig

Beide Zugführer seien zum Zeitpunkt des Vorfalls in der näheren Umgebung gewesen, so der Angeklagte. Einer habe ihm sogar „wohlwollend zugeredet“, doch davon wollen die Zugführer nichts wissen. Sie hätten nie Misshandlungen gesehen, erklärten sie zum Prozessauftakt. Der Kompaniechef fühlte sich ebenfalls nicht verantwortlich und erklärte, dass er die Übung zwar geplant habe, aber von den Missbräuchen nichts mitbekommen habe.

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