Der heutige Bundesaußenminister und ehemaligeBundeskanzleramtschef, Frank-Walter Steinmeier (SPD), muss sich harten Vorwürfen stellen. Einem Zeitungsbericht der „Berliner Zeitung“ zufolge, soll er direkt in diePlanungen involviert gewesen sein, den Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz an einer Einreise nach Deutschland gehindert zu haben.
Das Blatt beruft sich dabei auf ein Schreiben an den damaligen Innenstaatssekretär Claus Henning Schapper. Darin soll unter anderem das rechtliche Prozedere geschildert worden sein, wie Kurnazdie Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden könne. Der Brief endete mit einem Vermerk „Information Steinmeier“ und richtete sich nebenbei noch an andere Beteiligte. In demSchreiben soll auch darüber geredet worden sein, dass eine Einreise seitens Kurnaz zwar angestrebt wird, aber das im Einvernehmen zwischen Bundesinnenministerium und Bundeskanzleramt eine solcheEinreise nicht erwünscht sei.
Gegenüber der „Bild“ stellt sich Steinmeier weiterhingegen die Vorwürfe. Er will an einer Rückkehr Kurnaz aktiv mitgewirkt haben. In einem Bericht der „Bild“ sagte er: „Die Regierung hat sich um MuratKurnaz gekümmert – auch wenn er einen türkischen und keinen deutschen Pass besaß. Immer wieder haben wir deswegen mit der amerikanischen Regierung gesprochen.“
Im politischen Berlin werden jetzt auch schon erste Rücktrittsaufforderungen laut. Diesen Schritt lehnte er schlicht ab. „Dies steht für mich nicht zur Debatte“,sagte er.
Steinmeier betonte außerdem, dass die Innere Sicherheit der Bundesrepbulik auch eine große Rolle gespielt habe, bei der Entscheidung, Kurnaz nach Deutschland einreisen zu lassen. Nach denAnschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington wollte man kein Risiko eingehen, um die Sicherheit von 82 Millionen Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.
„Führende Köpfe der Anschläge von New York und Washington kamen aus Hamburg. Und es gab weitere Gruppen und Netzwerke von gewaltbereiten Islamisten in anderen deutschen Städten.Wir mussten mit Bluttaten auch bei uns rechnen und alles tun, um dies zu verhindern“, so Steinmeier.
Kurnaz wurde im November 2001 in Pakistan festgenommen. Anschließend wurdeer amerikanischen Soldaten in Afghanistan übergeben. Von Afghanistan aus wurde er im Februar 2002 nach Guantánamo überstellt. Dort soll er bis August 2006 ohne Prozess festgehaltenund seinen eigenen Angaben nach auch gefoltert worden sein.
Ihm wurde von den Vereinigten Staaten vorgeworfen, die Terrororganisation El Kaida unterstützt zu haben. Dies konnte ihm allerdings nie nachgewiesen werden und bis heute bestreitet derTürke eine Teilnahme.
Die Bundesregierung soll sich nach einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) sogar bis 2005 bemüht haben, Kurnaz als Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik darzustellen.Das berichtet zumindest die „Frankfurter Rundschau“ in deren Blatt.
Außerdem wurde in dem Bericht an das Parlamentarische Kontrollgremium auch die Tatsache unter den Teppich gekehrt, dass im September 2002 drei Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND)und des Verfassungsschutzes nach Guantánamo entsandt wurden, um eine positive Einschätzung von Kurnaz zu erörtern. In dem Bericht des BND und des Verfassungsschutzes heißt es:„Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besitzt Kurnaz bei einer Freilassung kein Gefährdungspotenzial hinsichtlich deutscher, amerikanischer oder israelischerSicherheitsinteressen.“
Auch der ehemalige Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten, Donald Rumsfeld,soll in den Fall Kurnaz verwickelt gewesen sein. Er wollte im Jahr 2002 nur einer Freilassung zustimmen, wenn die Bundesrepublik bestimmte Bedingungen erfülle. Kurnaz sollte nach denVorstellungen der CIA, in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, als Spitzel eingesetzt werden.
Quelle: n-tv Online