Krisengespräche mit Stoiber

Bei den beiden Krisentreffen in der bayerischen Staatskanzlei am heutigen Morgenwurde der Landesvater aus Bayern, Edmund Stoiber (CSU), von der CSU-Spitze darüber unterrichtet, dass die Zustimmung in der Partei sinkt. Er will noch heute nach Wildbad-Kreuth fahren. DerFraktionschef der CSU-Landtagsfraktion, Joachim Hermann, berichtete nach dem Treffen: „Ich habe ihm meine Wahrnehmungen mitgeteilt.“

Bereits am Wochenende sprach Hermann in einem Interview im Bayerischen Rundfunk darüber, dass die Zustimmung Stoibers in der Partei sinken würde und der Widerstand gegen ihn immer stärker werde. „Die Stimmen mehren sich, dass man auch in einer anderen Formation in die Landtagswahl 2008 gehen will“, sagte er im Anschluss an das Krisentreffen in der bayerischen Staatskanzlei.

Wie der Chef der CSU-Landtagsfraktion weiter berichtete, soll es ein offenes und ernstes Gespräch mit Edmund Stoiber gewesen sein. Alles weitere werde in Wildbad-Kreuth geklärt. Dort möchte Stoiber eine Diskussion mit den CSU-Landtagsabgeordneten führen. Die Versammlung in Wildbad-Kreuth, die damit einen Tag früher stattfindet als ursprünglich vorgesehen, dürfte also über Stoibers politisches Überleben entscheiden.

Auch der bayerische Landtagspräsident kam für ein Gespräch mit Edmund Stoiber in der bayerischen Staatskanzlei vorbei. Über den Inhalt des Gesprächs ist bislang noch nichts bekannt. Es dauerte allerdings deutlich länger als die Unterhaltung zwischen Stoiber und Hermann.

Vom bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) bekam der amtierende Ministerpräsident allerdings Rückendeckung. Im Deutschlandfunk sagte er unter anderem: „Edmund Stoiber ist derjenige, hinter dem wir stehen.“ Außerdem hoffe er bei den folgenden Diskussionen in den Gremien auf eine ehrliche und anständige Diskussion. Beckstein selbst hat nochmal bekräftigt, dass er nicht vor hat gegen Edmund Stoiber anzutreten. „Die CSU soll 2008 ebenfalls mit Edmund Stoiber als Spitzenkandidat um das Ministerpräsidenten-Amt antreten“, sagte er weiter. Was den Parteivorsitz angeht, scheint Beckstein ebenso verbissen zu sein; denn auch diese Verantwortung soll Stoiber in Zukunft weiter tragen.


Stoiber will weiterkämpfen

Im Jahr 2008 steht die große Landtagswahl in Bayern an und der bisherige Landesvater Edmund Stoiber (CSU) verliert immer mehr an Zustimmung. Doch ans Aufgeben denkt er noch nicht. Mit Ansprachen in Bayerns Dörfern will der Ministerpräsident die Basis-Stimmen zurückgewinnen.

Nachdem Gabriele Pauli (CSU) nach einer Bespitzelung ihres Privatlebens erstmals Edmund Stoibers Position als Ministerpräsident in Frage gestellt hat, kommen jetzt auch erste öffentlicheStellungsnahmen aus der Parteispitze der CSU. Joachim Hermann, Landtagsfraktionschef der CSU hat nun ebenfalls Stoibers Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl im nächsten Jahr öffentlich inFrage gestellt. Damit verhärtet sich der Kampf des Landesvaters um die Spitzenkandidatur enorm. Denn ans Aufhören denkt Edmund Stoiber noch nicht.

Der ganzen Schlammschlacht zum Trotz wird ein schneller Sturz des amtierenden Ministerpräsidenten in der CSU-Spitze aber derzeit noch ausgeschlossen. Denn nach eigenen Angaben Edmund Stoiberswill er noch lange nicht den Stuhl räumen. Innenminister Günther Beckstein, der von der Fürther Landrätin Gabriele Pauli schon als neuer Spitzenkandidat gehandelt wurde, sowieWirtschaftsminister Erwin Huber, schlossen einen Putsch gegen den Landesvater vorerst kategorisch aus.

Doch Zeitungsberichten zufolge soll eben jener Innenminister, GüntherBeckstein, schon als würdiger Nachfolger für Edmund Stoiber gehandelt werden. Der Parteivize Horst Seehofer solle dann das Amt des CSU-Parteichefs übernehmen. DieGerüchteküche auf dem politischen Parkett brodelt also enorm, von offizieller Seite wird aber noch das Gegenteil behauptet. In einem Interview am Samstag im Bayerischen Rundfunkerhöhte Joachim Hermann stattdessen den Druck auf Stoiber. Er sagte unter anderem: „Es ist unüberhörbar, dass sich die Stimmen mehren, dass man vielleicht doch ineiner anderen Formation in die Landtagswahl 2008 gehen will.“

Die Führungskrise innerhalb der CSU trägt sich auch nach außen hin weiter. Der Medienrummel ist hoch und als ob das nicht genug wäre, rutschen auch noch die Umfragewerte steilnach unten. Laut ZDF-Politbarometer schafft es die CSU in Bayern gerade mal noch auf eine 45-prozentige Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Damit wären sie weit von der absoluten Mehrheitim bayerischen Landtag entfernt. 65 Prozent sprachen sich sogar gegen eine Spitzenkandidatur Stoibers aus. Günther Huber und Erwin Beckstein, die als Nachfolger gehandelt werden, legtenstattdessen nochmal einen Treueschwur gegenüber dem derzeitigen Ministerpräsidenten ab. Es gäbe keinen Putsch gegen den Ministerpräsidenten, so heißt es.

Allen Aussagen im bayerischen Rundfunk zum Trotz sprach sich auch Joachim Hermanngegen einen schnellen Austausch in der Führungsebene aus. In einem Interview sagte er, dass eine „Hau-Ruck-Aktion“ weniger sinnvoll wäre. Laut einem Bericht der“Bild am Sonntag“ will Stoiber nun mit Ansprachen in Bayerns Dörfern versuchen, die Basis wieder für sich zu gewinnen.

Am Montag wird Edmund Stoiber auf den Landtagsfraktionsvorsitzenden Joachim Hermann und Landtagspräsidenten Alois Glück in der bayerischen Staatskanzlei treffen. Sie wollen dort einKrisengespräch führen. In einem Bericht hieß es, Glück würde Stoiber bei dem Gespräch dazu bewegen wollen, von seinem Amt zurückzutreten. Diesem Berichtwidersprach er aber. Alois Glück sagte: „Ich habe keinerlei entsprechende Gespräche mit Abgeordneten geführt und auch keinen Auftrag.“

In der Schwesterpartei hält man sich zur Zeit noch stark zurück. Auf einer Klausurtagung in Bremen legten mehrere Spitzenpolitiker der CDU eine rasche Lösung der Umstände nahe.Die Vorsitzende der CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt sich mit ausführlichen Aussagen zurück. Sie äußerte sich nur zurückhaltend zu den Reibereien innerhalb derCSU und geht davon aus, dass die CSU die notwendigen Gespräche führen wird. Darüber hinaus rechnet sie mit Edmund Stoiber als Ministerpräsident Bayerns.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Online
Update-Quelle: Focus Online

Kommentieren