Schändungsskandal: Sechs Beteiligte identifiziert

Einen Tag, nachdem die „Bild“-Zeitung erschreckende Bilder einesLeichenschändungsskandals der Bundeswehr in Afghanistan veröffentlichte, scheint Aufklärung in Sicht.

Die Bundeswehr hat die sechs mutmaßlichen Soldaten identifiziert, die an diesem Skandal beteiligt gewesen sein sollen. „Vier sind nicht mehr bei der Bundeswehr, bei zweiweiteren werden wir die entsprechenden Konsequenzen ziehen“, dies gab Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im ZDF bekannt. Im Hinblick auf die Aufklärung des Skandals seiman damit einen bedeutenden Schritt weitergekommen. Wie der Deutschlandfunk bekannt gab, soll einer der Täter bereits gestanden haben.

Jung hatte schon am Mittwoch schonungslose Aufklärung zugesagt und denbetroffenen Männern mit einer Entlassung gedroht. Die Soldaten stammen vermutlich aus dem bayerischen Standort in Mittenwald. Dies will die Deutsche Presseagentur (dpa) aus gut informiertenKreisen erfahren haben.

Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes zeigte sich besorgt. Er befürchtet, dass in Folge des jüngsten Vorfalls die Gefahr für Anschläge auf deutscheSoldaten in Afghanistan steigen könnte. Gegenüber dem Fernsehrsender Phoenix sagte er: „Dieses Vorgehen ist in der Tat geeignet, die ganze arabische, muslimische Welt gegenuns aufzubringen.“ Weiter sagte er, dass die Kommandeure vor Ort sich überlegen müssen, mit welchen Reaktionen sie zu rechnen haben. Bislang genießen die deutschen Soldateneinen guten Ruf bei der afghanischen Bevölkerung.

Der Bundestag wird in der Sache auch eingeschaltet werden. Vermutlich wird derSkandal am Donnerstag ein Thema unter den Abgeordneten. Unter anderem wird über den Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr und über das neue Weißbuch, sowie über die Zukunft derStreitkräfte beraten. Hierfür wird der Verteidigungsminister eine Regierungserklärung abgeben.

Reichlich Diskussionsstoff scheint es auch in den Lagern der Opposition zu geben. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Hans-Christian Ströbele, sagte imhessischen Rundfunk: „Ich fürchte, dass die bisher bekannten Fälle nicht die einzigen bleiben werden. Soweit ich gehört habe, soll es noch viel mehr Fotos geben ausAfghanistan – auch Fotos, auf denen KSK-Leute zu sehen sind.“

Auch in den Reihen der NATO kommt man zur Übereinstimmung, dass das Verhalten derdeutschen Soldaten inakzeptabel ist. Im „Tagesspiegel“ sagte der NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer eben dies. Allerdings soll das Fehlverhalten der Deutschen den Einsatz insgesamt nichtgefährden.

Klaus Reinhardt, ein ehemaliger Bundeswehr General warnte in der „Berliner Zeitung“ davor, den Bundeswehreinsatz in Afghanistan in Frage zu stellen: „Wir dürfen das Kind nichtmit dem Bade ausschütten. Die Soldaten der Bundeswehr, die in Auslandseinsätze gehen, sind so intensiv ausgebildet wie in keiner anderen Armee“, sagte Reinhardt. Er war im Jahr 1999Kommandeur der internationalen Friedenstruppe im Kosovo.

Bernhard Gertz sprach sich in der „Leipziger Volkszeitung“ für eine gezieltere Personalauswahl und eine bessere Auswahl in der Bundeswehr aus. Es soll Probleme bei der Vermittlung der ethischenSeite des Soldatenberufes geben. Zentrales Anliegen sollte dabei vor allem Respekt vor der Würde des Menschen sein.

Empörung über Bundeswehrsoldaten

Die Nachrichtenkette bezüglich der Bundeswehr scheint nicht abzureißen. Während sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages mit dem Folterskandal der Bundeswehr um den verschleppten Deutschen beschäftigt, erreicht uns schon wieder die nächste Nachricht.

Empörung erstreckte sich bei den Deutschen, als die Nachricht um mögliche Totenschändungen seitens der Bundeswehr bekannt wurde. Die „Bild“-Zeitung dokumentiert mit Bildern einenVorfall in Afghanistan, wonach ein Deutscher in der rechten Hand einen Totenschädel in die Luft hält. Auf einem anderen Bild wird ein Bundeswehrsoldat gezeigt, der in der linken Hand seinenentblößten Penis hielt und mit der rechten Hand den Kopf an sein Glied heranführte. Laut Aussage eines Bundeswehrangehörigen sollen die Bilder bereits im Frühjahr 2003entstanden sein.

Angeblich sollen auch Stabsunteroffiziere an diesem Vorfall beteiligt gewesen sein.Dies berichtet zumindest ein Angehöriger der Bundeswehr. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung sollen die Bilder bei einer der morgendlichen Patrouillenfahrten unter dem Kommando einesFeldwebels entstanden sein. Meldungen zufolge seien neben den beiden Stabsunteroffizieren auch zwei weitere Soldaten an dem Vorfall beteiligt gewesen. Gegen zwei der Soldaten soll bereits ermitteltwerden, dass gab Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan bekannt. Der eine verrichtet noch seinen Dienst, der andere übt seinen Beruf schon nicht mehr aus.

Im Bundesverteidigungsministerium ist man sich über die Herkunft des Schädels noch unschlüssig. In einem Bericht heißt es: „Es ist nicht auszuschließen,dass der Totenkopf von einem durch Witterungseinflüsse frei gelegten afghanischen Friedhof im Raum Kabul stammt.“ Für viele ist die Herkunft aber nebensächlich. Diegrößte Frage, die sich die meisten stellen ist wohl eher die, warum und vor allem wie es zu einem solchen Vorfall kommen konnte.

Entsetzen wurde auch bei den Politikern ausgelöst. BundesverteidigungsministerFranz Josef Jung (CDU) sagte ganz klar, dass ein solches Verhalten deutscher Soldaten auf keinen Fall geduldet wird. „Dieses Verhalten steht im diametralen Gegensatz zu dem, was wirunseren Soldaten an Werten und Verhaltensweisen in Ausbildung und Erziehung mitgeben“, so Jung. Man behält sich vor, alle disziplinarrechtliche, dienstrechtliche und sogar strafrechtlicheKonsequenzen für die Soldaten zu ziehen, sollten sich die Vorwürfe tatsächlich bestätigen.

Buhrufe gibt es auch vom Chef des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz. Er forderte strafrechtliche Konsequenzen für die Soldaten. Im Morgenmagazin der ARD und ZDF sagte er: „Solche Soldaten können wir in unserer Armee nicht gebrauchen.“ SPD-Obmann im Verteidigungsausschuss, Rainer Arnold, sagte in der selben Sendung, dass er mit disziplinarrechtlichenSchritten rechne. Der Vorfall sei für ihn inakzeptabel und er gehe davon aus, dass es sich hierbei um Versäumnisse der Soldaten handle. In einem gewissen Maße verteidigte er sogar dieSoldaten: „Schlechter Geschmack ist nicht strafbar, aber das verletzt das Ansehen der Bundeswehr in hohem Maße.“

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, zeigte sich gegenüber den neuen Vorfällen auch bestürzt: „Ich will und kann nicht glauben, was ich sehe.Es kann darauf nur eine Reaktion geben: Sofortige und schonungslose Aufklärung mit allen zu Gebote stehenden Mitteln!“

Über die Fortsetzung des Anti-Terror-Einsatzes „Enduring Freedom“ in Afghanistan wird heute im Bundeskabinett entschieden. Zur Zeit sind dort 2730 Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Geplant ist eine Reduzierung der Truppe auf 1800Mann.

RauteMusik hält euch über die Aufklärung dieses Falles auf dem Laufenden!

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