Russland boykottiert Georgien

Die Spionageaffäre zwischen Russland und seinem Nachbarstaat Georgien spitztsich immer weiter zu. Trotz der Einlenkung Georgiens wurden nun weitere Sanktionen gegen das Land verhängt. In Moskau wurden georgische Geschäfte und Casinos geschlossen.

Bereits seit mehreren Jahren ist das Verhältnis der beiden Länder äußerst angespannt. Die georgische „Rosen-Revolution“ im Jahr 2003 brachte MichailSaakaschwili an die Macht und setzte die pro-russische Regierung ab. Saakaschwili fährt seit seinem Amtsantritt eine harte West-Politik und will Georgien in die NATO bringen sowie an die EUanbinden.

Vor rund einer Woche wurden dann in Georgien vier russische Offiziere festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, Spionage gegen das Land zu betreiben, außerdem wollten sie angeblich dieBeitrittsbemühungen Georgiens in die NATO behindern. Daraufhin wurde der Abzug der rund 3.000 russischen Soldaten aus dem Land gestoppt und sie wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt.Eigentlich sollten alle russischen Soldaten bis 2008 Georgien verlassen haben.

Wladimir Putin reagierte verärgert auf die Festnahmen: „Es liegt auf der Hand, dass man Russland kneifen will, dass man uns provozieren will. Daserkennen alle. Diejenigen, die das machen, meinen offensichtlich, dass die antirussische Richtung der Außenpolitik den Interessen des georgischen Volkes entspricht. Ich meine, dass dies nichtstimmt. Ungeachtet dessen, dass Russland alle Vereinbarungen über den Abzug unserer Militäreinheiten aus Georgien konsequent einhält, sind unsere Militärs verhaftet und insGefängnis geworfen worden. Das haben sie wohl von der Politik Lawrentij Berijas (siehe Begriffserklärung) geerbt, sowohl in der Innenpolitik als auch auf derWeltarena“, so der russische Präsident.

Andrej Popow erklärte es noch deutlicher und drohte verdeckt mit Krieg: „Jeder Angriff von Streitkräfte oder Organisationen anderer Staaten oder einer Gruppe von Staatenauf ein russisches Militärobjekt bezeichnen wir als Aggression gegen die Russische Föderation. Diese Aggression wird mit allen möglichen Mitteln, einschließlich Waffeneinsatz,unterbunden werden“, so der Befehlshaber der russischen Truppen in Georgien.

Georgiens Präsident Michail Saakaschwili zeigte sich einsichtig und war bemüht, die Situation zu entschärfen. Doch einschüchtern lassen wolle er sich nicht, er sagte mehrmals, manwolle die Rechte anderer nicht verletzten. Aber dann müssen die Anderen auch die Gesetze Georgiens achten. Schließlich übergab man die gefangenen Offiziere an die Organisationfür Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), von da aus sollten sie wieder nach Russland gebracht werden.

Doch Saakaschwili betonte, dass es damit nicht getan sei. „Wir haben einen sehr stichhaltigen Fall von Spionage, Subversion und dem Versuch, mein Land zu destabilisieren. DieBotschaft an Russland lautet: Genug ist genug“, die Freilassung sei lediglich aufgrund der angespannten Lage erfolgt, so der georgische Präsident.

Die Reaktion aus Russland kam prompt: Alle Verkehrsverbindungen nach Georgien wurden gesperrt. Begründet wurde dies offiziell mit angeblichen Schulden georgischer Fluggesellschaften. Aber auchrussische Bahnen und Schiffe boykottieren seitdem das Land.

Gleichzeitig forderte Putin die Zurückhaltung anderer Staaten. Dem US-Präsidenten George W. Bush sagte er, dass jedes Eingreifen von außen „inakzeptabel“ und„gefährlich“ sei. Die Politik der georgischen Regierung nannte er „destruktiv“.

In Moskau wurden nun sogar georgische Restaurants und Casinos geschlossen, Georgier, die in Russland leben, sollen in das Nachbarland abgeschoben werden. In offiziellen Erklärungen war von„hygienischen“ oder „steuerlichen Problemen“ die Rede. Die russische Polizei stürmte einen Juwelierladen im Moskau und beschlagnahmte den Schmuck.


Russland fühlt sich weiterhin im Recht: „Ich meine, dass die georgische Führung einen Schritt tun muss. Wir rechnen damit, dass sie mit der antirussischen Politik Schlussmachen“, so Außenminister Sergej Lavrov.

Derweil sollen diverse Schulen in Moskau Listen mit georgischen Schülern zusammenstellen. Dies würde die Suche nach in Russland illegal lebenden Menschen erheblich vereinfachen. Insgesamtsollen rund 500.000 Georgier illegal in Russland leben, sie sollen dann wieder nach Georgien abgeschoben werden.

Unterdessen geht der wirtschaftliche Schlagabtausch der beiden Nachbarstaaten weiter: Zwar hängt Georgien noch immer stark an dem Handel mit Russland, aber das Land bezieht nun deutlich mehrWaren aus Polen, der Ukraine und Kasachstan. Getreide kommt nun auch aus Kanada. Außerdem überlege man, die Zustimmung für den WTO-Beitritt Russlands wieder rückgängig zumachen. Damit würde Georgien einen Beitritt Russlands in die Welthandelsorganisation versperren.

Begriffserklärung – Lawrentij Berijas

Der von Wladimir Putin angesprochene Lawrentij Berijas war von 1938 bis 1953 Geheimdienstchef der Sowjetunion unter Führung von Josef Stalin. Putin verglich die georgische Führung mitBerijas.

Quelle: Tagesschau Online (1,2,3)

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