Die Bundesversammlung ist heute zur Wahl eines neuen Bundespräsidenten in Berlin zusammengetreten. Selbst nach zwei Wahlgängen stand der Sieger noch nicht fest. Die Linken-Bewerberin Luc Jochimsen zog ihre Kandidatur für den dritten Wahlgang zurück. Nach drei Wahlgängen gewann Christian Wulff mit 625 Stimmen die Wahl zum Bundespräsidenten. Seine erste Amtshandlung wird feiern sein.
Über acht Stunden hat die heutige Sitzung im Plenarsaal bei der Wahl zum Bundespräsidenten gedauert. Ganze drei Wahlgänge mussten durchgeführt werden, um den neuen Bundespräsidenten zu wählen. Selbst das Buffet wurde schon vor der Bekanntgabe des neuen Bundespräsidenten eröffnet. 494 Stimmen für Joachim Gauck und 121 Leute enthielten sich. Außerdem waren zwei Stimmen nicht wertbar.
Der neue Bundespräsident Christian Wulff
In der rechten Ecke unser CDU und FDP Kandidat Christian Wilhelm Walter Wulff. Seit Anfang März 2003 ist er Ministerpräsident in Niedersachen und Anfang Juni 2010 wurde er als Kandidat für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten nominiert. Wulff ist ein Scheidungskind, der als 16-Jähriger die Pflege für die an Multipler Sklerose erkrankten Mutter übernahm und seine jüngere Schwester erzog. Er machte Abitur, studierte Rechtswissenschaften und beendete an der Universität in Osnabrück sein Studium mit dem ersten juristischen Staatsexamen. 1990 schloss er sein Referendariat mit dem zweiten Staatsexamen ab und war als Rechtsanwalt tätig.
Er ist zweimal verheiratet gewesen. Zuerst mit Christiane Wulff mit der er eine gemeinsame Tochter hat und seit 2008 ist er mit seiner zweiten Frau Bettina Wulff verheiratet, die einen Sohn aus ihrer ersten Ehe mitbrachte. Gemeinsam bekamen sie 2008 noch einen Sohn. Der 51-Jährige ist schon seit 1975 bei der CDU.
Wulffs Politik
Wulff setzte sich in seiner bisherigen politischen Karriere für eine Verlängerung der Laufzeiten von deutschen Atomkraftwerken ein. Am Anfang seiner Regierungszeit wurde auch eine Schulstrukturreform durchgeführt, bei der die Orientierungsstufen (Klasse fünf und sechs) wegfielen und das Zentralabitur bereits nach 12 Schuljahren eingeführt wurde. Auch die Lernmittelfreiheit wurde dabei abgeschafft. Er führte eine zweistufige Landesverwaltung in Niedersachsen ein. Außerdem wurde die Zunahme der Neuverschuldung reduziert, seitdem er im Amt ist. Wulff setzt sich für eine rigide Sparpolitik ein, die auch vor sozialen Einschnitten nicht halt macht. Er strich zum Beispiel im Jahre 2005 die pauschale Blindengeldzahlung. 2006 führte er sie aber in geringere Höhe wieder ein, da er heftige Kritik und Gegenwehr des Blindenverbandes bekam.
Knapp verloren, unser Kämpfer Joachim Gauck
In der linken Ecke unser SPD und B’90/Grünen Kandidat Joachim Gauck. Er gehört keiner politischen Partei an, studierte Theologie und war als evangelischer Pfarrer tätig, danach ist er während des Zusammenbruchs der DDR einer breiten Öffentlichkeit als Bürgerrechtler bekannt geworden. Er war ab 1990 zehn Jahre lang Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. Er ist nun ein deutscher Publizist und Vortragsreisender.
Gaucks Vater war Kapitän bei der Marine und wurde während des Krieges gefangen genommen. Erst in Gaucks Jugendzeit kehrte der Vater zurück, doch nicht lange dauerte es, als ihm wieder der Vater genommen wurde. Er wurde in Schwerin von einem sowjetischen Militärgericht zu zweimal 25 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Ihm wurde Spionage vorgeworfen und antisowjetische Hetze. Gauck wurde nach seinem Vater benannt und mit seinen beiden Geschwistern zu strenger Ablehnung jener staatlichen Obrigkeit erzogen.
Gauck ist seit Anfang der 90er Jahre von seiner Ehefrau Hansi, mit der er vier Kinder hat, getrennt. Gauck ist nun mit der Journalistin Daniela Schadt aus Nürnberg liiert.
Gaucks Politik
Gauck ist für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, aber nur „solange deutsche Soldaten im Auftrag der UN und aus Solidarität dort eingesetzt werden“. Außerdem ist er für mehr Freiheit in der Wirtschaft.
Zusammensetzung der 14. Bundesversammlung
Es gibt insgesamt 1244 Stimmen. Um im ersten oder zweiten Wahlgang zu gewinnen, braucht ein Kandidat eine absolute Mehrheit mit 623 Stimmen. CDU/CSU haben 496 Stimmen. FDP hat 148 Stimmen, was aus der schwarz-gelben Koalition insgesamt 644 Stimmen macht, die Wulff alle gebraucht hätte. SPD hat 333 Stimmen. Die Grünen haben 129 Stimmen und die Linke haben 124 Stimmen. Außerdem gibt es noch Sonstige: 10 Stimmen der „Freie Wähler aus Bayern“, 3 Stimmen der NPD und 1 Stimme für SSW.
Wer wählt den Bundespräsidenten?
Die Bundesversammlung wählt den Bundespräsidenten. Das Gremium setzt sich aus den 622 Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Zahl von Personen zusammen, die von den Landtagen gewählt werden. Die Kandidaten brauchen in den ersten beiden Wahlgängen die absolute Mehrheit der Stimmen, um das Amt zu bekommen. Im dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Gewählt wird geheim mit verdeckten Stimmzetteln.
Der letzte Bundespräsident war Horst Köhler, der Ende Mai aus Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten zurücktrat. Vorübergehend übernahm Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) die Amtsgeschäfte.
Aber was tut ein Bundespräsident?
Ein Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Seine Macht ist durch das Grundgesetz auf das politische System des Landes beschränkt und umfasst vor allem repräsentative Aufgaben, die deshalb auch als neutrale Gewalt bezeichnet wird. Er hat eine wichtige staatspolitische Bedeutung, da er den Deutschen Bundestag auflösen kann, wenn der Bundeskanstler die Vertrauensfrage verliert und es bei der Wahl zu einer Minderheitsregierung kommt. Der Bundespräsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren von der Bundesversammlung gewählt und kann anschließend nur einmal wiedergewählt werden.
Quellen: Welt.de, Zeit.de, Stern.de