Zweiter Bombenleger ins Ausland entkommen

Die Ermittler des Bundeskriminalamtes waren schon ganz nah dran und sehroptimistisch, den zweiten mutmaßligen Bombenleger zu fassen. Sie kannten seine Identität, sie wussten wo er wohnte, doch allem Anschein nach hat er sich bereits nach den missglücktenAnschlagsversuchen in den Nahen Osten abgesetzt.

Am Montagabend war der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, noch ganz zuverlässig und verkündete in den Medien, dass man dem zweiten Kofferbomber auf der Spur sei und ihnschnell überführen möchte. Doch da machte wohl der mutmaßlige Bombenleger den Ermittlern selbst einen Strich durch die Rechnung. Laut Angaben des BKAs soll er sich bereits nachden missglückten Versuchen in den Nahen Osten abgesetzt haben. Großer Frust herrschte bei den Ermittlern in Hamburg und beim Verfassungsschutz, als ein Zugriff in der Nacht zum Dienstag inKöln fehlschlug.

Man kannte seinen Namen, Dschihad H. heißt er, 20 Jahre alt, ein Libanese. Doch vielen Medienvertretern stellt sich mittlerweile die Frage, ob die Ermittler der Bundesanwaltschaft und des BKAs wirklich so nah an Dschihad H. dran waren. Denn nach neuesten Erkenntnissen der Ermittler zufolge sollen Dschihad H. und sein am Samstag festgenommener Komplize bereits nach den Anschlägen eine Maschine nach Istanbul genommen haben.

Dort soll sich Dschihad H. auch nachwievor noch aufhalten.

Was aber weiterhin sehr schleierhaft ist, ist die Tatsache, warum Youssef Mohamad E. H. wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Wie ein Mitbewohner der WG angab, soll er bereits am vorvergangenen Mittwoch wieder zurückgekommen sein. Youssef habe ihm erzählt, dass sein Bruder bei einem israelischen Militäreinsastz ums Leben kam, darum habe er auch seine Eltern in Damaskus besucht.
Am 31. Juli platzierten Youssef Mohamad E. H. und sein verschollener Komplize zwei Kofferbomben in Regionalzügen, die in Dortmund und Koblenz verkehren. Wie die Ermittler herausfanden, detonierten die Bomben nur deshalb nicht, weil die Bombenbastler handwerkliche Fehler gemacht hatten. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichte dann das BKA und die Bundesanwaltschaft im Verlauf einer Ermittlung Videomaterial und Fotos der beiden Bombenleger.
Eine tragende Rolle spielte auch der libanesische Militärgeheimdienst im Laufe der Ermittlungen. Am Samstag wurde dann schließlich Youssef Mohamad E. H., einer der Kofferbombenleger, am Kieler Hauptbahnhof gefasst und festgenommen. DNA-Spuren und ein Fingerabdruck an den Bomben belegen, dass Youssef an den versuchten Anschlägen beteiligt sein soll. Seit der Festnahme in Kiel befindet sich Youssef in Untersuchungshaft.

Im Zuge der Ermittlungen durchsuchten die Beamten im Laufe des Tages auch die Wohnung von Dschihad H. in Köln. Was sie in der Nacht zuvor noch vorfanden, war eine leere Wohnung. Denn Dschihad wohnt dort nicht mehr, er ist geflohen. Wie Bewohner der Peter-Bauer-Straße des Kölner Stadtteils Ehrenfelds gegenüber den Ermittlern angaben, sei der Verdächtige schon längere Zeit nicht mehr in seiner Wohnung gewesen. Der junge Libanese soll sehr politisch gewesen sein. Mitbewohner berichteten, dass er in letzter Zeit sehr oft über den Nahostkonflikt geredet hat und dabei eine pro-palästinensische Haltung einnahm.

Weitere Details über den Verdächtigen will das BKA aus „Ermittlungsgründen“ nicht freigeben. Erst am Dienstag Nachmittag wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft die Identität des zweiten Täters kennt. Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge sollen Dschihad H. und Youssef Mohamad E. H. in einem Netzwerk tätig gewesen sein, dass erstmals in Nordrhein-Westfalen in Erscheinung trat.

Quelle: Spiegel Online

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