Nahostkonflikt: Friedenstruppen mit dt. Beteiligung?

Kaum ist die Waffenruhe in Nahost in Kraft getreten, ist in Deutschland eine heftigeDebatte um einen möglichen Einsatz von Bundeswehr Soldaten im Rahmen einer UN- Schutztruppe für den Süden des Libanon entbrannt. Die Grünen warfen der CSU und der FDP vor, sichaus der Verantwortung für die Region stehlen zu wollen.

„Eine fundamentalistische Haltung, wie sie Edmund Stoiber und Guido Westerwelle einnehmen – sie lehnen ja gewissermaßen jede auch technische Hilfe mit dem historischen Argumentab – halten wir für eine Flucht aus der Verantwortung“, kritisierte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn die Spitzen der beiden Parteien. Er selber halte einen Einsatz deutscher Soldatenin Nahost unter bestimmten Bedingungen für durchaus möglich. „Die Beteiligung ist möglich, zum Beispiel beim Wiederaufbau, wenn sie im Gesamtkonzept Sinn macht, dieBundeswehr die Kapazitäten hat und die Risiken abwägbar sind“, sagte Kuhn. Einen Kampfeinsatz schloss er aber aus. Deutsche Soldaten dürfen nicht in Situationen geraten, in dersie auf Israelis schießen müssten.

Bundeskanzlerin Merkel will die Chefs der Bundestagsfraktionen heute Abend über einen Möglichen Einsatz der Bundeswehr und den Rahmen dieses unterrichten. Die Spitzen der großen Koalition hatten sich gestern darauf geeinigt mit Hilfen zum Wiederaufbau des Libanon und zur Sicherung der syrisch-libanesischen Grenze zur Friedenssicherung beizutragen. Des Weiteren wird über den Einsatz der Marine spekuliert. Eine Fregatte könnte die libanesischen Seewege überwachen und Waffenlieferungen an die Hisbollah unterbinden.

Gleichzeitig zum Treffen im Kanzleramt findet in New York heute Abend eine Truppengeber Konferenz für den geplanten UNO Einsatz statt. Deutschland will bei diesem Treffen jedoch noch keine Zusagen machen, sondern lediglich berichten, was Deutschland theoretisch leiten könne.

Kuhn warf der Kanzlerin unterdessen vor, das Informationsrecht des Parlaments zu missachten. „Erst haben wir eine Weltkrise, in der sie abgetaucht ist. Jetzt vergnügt sich dieKanzlerin in der Wagnerschen Götterdämmerung, anstatt offen auf den Tisch zu legen, was sie vorhat.“ Es sei „ganz schlechter Stil“, so Kuhn weiter, dieBundestagsfraktionen erst zu Informieren, nachdem der Verteidigungsminister in New York bereits konkrete Zusagen zu einer deutschen Beteiligung gemacht habe.

Der CDU-Außen- und Sicherheitspolitiker Karl Lamers warnte davor die Risiken eines solchen Einsatzes in Nahost zu unterschätzen. „Dies ist eine der kritischsten undgefährlichsten Regionen in der Welt, und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das kein Spaziergang ist. Wir dürfen nicht in Kampfhandlungen verstrickt werden.“ .Sagte Lamers zu Pressevertretern. Die Kritik der Grünen an Merkels Informationspolitik wies Lamers zurück: Es hat mehrere Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses gegeben. „Ich glaube, dass wir hier sehr zeitnah von der Bundesregierung einbezogen werden.“

Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff lehnt einen Bundeswehreinsatz in Nahost strikt ab: „Ich halte es für einen riesigen politischen Fehler, die relativ ausgewogenenPosition, die wir gegenüber der arabischen und israelischen Seite haben, durch eine Parteinahme aufs Spiel zu setzen, die lediglich dazu dient, eine nicht gefestigte israelische Regierung zuunterstützen“, sagte Hoff der „Welt“.

Der Bundeswehrverband begrüßte derweil denVerzicht der Regierung Kampftruppen als Beitrag für eine Uno-Friedensmission in den Libanon zu entsenden. „Wir können aufatmen, dass die Politik den weisen Beschlussgefasst hat, keine Kampftruppen in der Pufferzone zu stellen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende, Wolfgang Schmelzer. „Gilt der Einsatz nur auf einen kleinen Teil derKräfte, ist er sicherlich machbar“, sagte Schmelzer. Für größere Missionen gibt es aber keinerlei Spielraum, da die Bundeswehr durch andere Auslandseinsätze wie zumBeispiel im Kongo und in Afghanistan an den Rand ihrer Kapazitäten für solche Missionen gestoßen ist.

Quelle: Spiegel Online

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